Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Verschiedentlich kann man lesen, dass der Dichter Ovid gar nicht in Tomi gestorben sei, dem Ort seines Exils, sondern in Savaria, dem heutigen Szombathely. Wie zur Bekräftigung dieser Version wird erzählt, dass Ovids Schreibfeder, Ovidii Nasonis calamus, 1540 im Schutt eines Belgrader Gemäuers gefunden und von Isabella, der Gattin resp. Witwe König Johann Zápolyas verehrungsvoll gehütet worden sei. Die allgemeine Meinung geht indessen dahin, dass Kaiser Augustus den Dichter ans Schwarze Meer verbannte, nach Tomi (heute Constanţa), und wer's nicht glaubt, kann in Christoph Ransmayrs Roman "Die letzte Welt" nachlesen, dass Ovid seiner Frau Cyane sogar ein Foto von Tomi schickte. In Rumänien ist man heute stolz auf den prominenten Exulanten, mag dieser gleich Sachen geschrieben haben, die bei Schwarzmeerurlaubern nicht gut ankommen: beispielsweise dass es klirrt, wenn die Leute dort den Kopf schütteln, weil sie vor lauter Kälte Eiszapfen in den Haaren haben.

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