Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Im Textarchiv dieser Zeitung findet sich ein Beitrag aus der verstorbenen Financial Times Deutschland, ein sehr schmeichelhaftes Porträt des Top-Managers Kai-Uwe Ricke. Der erzählt über sich und seine Arbeit, und es sind zwei Zitate, die sich sofort einprägen: "Ein Bier, das wär' jetzt was", sagt Ricke, damals Chef der Telekom. Ein paar Zeilen darunter fordert er: "Wir müssen liefern, was wir versprochen haben." Das Porträt ist vom 27. April 2004, in gewissem Sinn ein historisches Datum, denn Ricke ist es also gewesen, der zum ersten Mal gesagt hat, was seitdem alle sagen. "Wir müssen liefern." Jeder, der in der Öffentlichkeit verspricht, sich nicht hängen zu lassen, will seitdem gleich etwas liefern, ein Mensch kann liefern, eine Partei kann liefern. "Ab heute wird die FDP liefern", hat deren einstiger Chef Philipp Rösler gesagt, er hat den Einsatz noch erhöht, in dem er ein Datum in das Versprechen eingebaut hat. Die ehemalige Fraktionschefin Homburger ("Wir müssen in diesem Herbst liefern, liefern, liefern") hat den Kernbegriff dreimal genannt, man sagt ja auch toi, toi, toi oder klopft dreimal auf Holz. Im Fall Homburger/FDP hat das alles nicht mehr geholfen.

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