Glosse:Das Streiflicht

(SZ) Freunde des Literarischen Quartetts und der Gourmet-Kolumne von Jürgen Dollase wissen, dass die seriöse Kritik ein exzellent geschärftes Besteck verlangt. Man kann nicht einfach sagen, dies Buch sei ein sehr überbewertetes Buch, es komme dick und prunkvoll daher, bringe aber viel zu wenig auf die Seiten; das Üppigste an ihm sei der Preis. Ein umsichtiger Kritiker würde vielmehr sagen: Der Autor hat sich viel vorgenommen, ist aber an der Wucht seines Stoffes gescheitert, deshalb kauft der Leser ein sehr dickes Buch, das auch eine Novelle sein könnte. (Novellen sind, nebenbei, in der Regel preiswerter als dicke Romane.) Und beim Essen, wie würde man es als Gastro-Kritiker machen? Bestimmt nicht so, wie es der "Aufklärer" gemacht hat. Das ist ein Mann, der sich Abend für Abend an seinen Rechner setzt, die Internetseiten von Restaurants aufruft und anschließend seine ganze Verachtung für diese Restaurants in eine Kommentarspalte fließen lässt. Seine Mission ist es, die essende Welt vor preislicher Übervorteilung und gastronomischer Ungerechtigkeit zu schützen.

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