Globalisierung:Öko-Pioniere im Dissens

Erhard Eppler und Niko Paech reden über Klima und Wachstum. Und erkennen dabei den Unterschied zwischen Wünschenswertem und Machbarem.

Von Robert Probst

Der eine findet Tofu schmackhafter als Saitenwurst, der andere meint, nichts sei leichter, als ein Schnitzel nicht zu essen. Es geht um wichtigere Dinge als das Essen in dem Streitgespräch, es geht um die Konsumgesellschaft, die Wachstumsfixiertheit der westlichen Welt, die Energiewende und ihre Folgen, und wie Ökonomie und Ökologie zusammenhängen. Und doch kann man das Grundproblem an dieser kleinen Episode schon erkennen. Beiden Diskutanten geht es um die gute Sache, doch der eine ist moderat, der andere radikal.

Das Streitgespräch führen, so der Verlag, zwei "engagierte Vorkämpfer einer ökologischen Wende". Der eine ist Erhard Eppler, jüngst 90 Jahre alt geworden, und schon seit einer halben Ewigkeit mit der Erkenntnis von den Grenzen des Wachstums im Politikbetrieb unterwegs. Der andere ist Niko Paech, 34 Jahre jünger als der SPD-Vordenker, und als Nachhaltigkeitsforscher ein konsequenter Verfechter der Postwachstumsökonomie. Er predigt seit Jahren Genügsamkeit, Sesshaftigkeit und Entschleunigung, weniger Erwerbsarbeit und mehr Arbeit für die Gemeinschaft und ist konsequenterweise auch ein scharfer Kritiker der Green-Growth-Bewegung. Seine These: Die Wirtschaft muss schrumpfen, um den Klimawandel aufzuhalten. Das Gespräch, moderiert von der Umweltjournalistin Christiane Grefe, bezieht seinen Reiz nicht zuletzt daraus, dass hier einmal Erhard Eppler nicht der Radikale ist.

Zwar erinnert das Ganze oft weniger an einen Dialog als an aneinandergereihte Statements, dennoch lässt sich einiges lernen darüber, wie unterschiedlich man den Wandel zum guten Wirtschaften vorantreiben kann. Wenn jedenfalls Paech behauptet, die Politik habe in den vergangenen 40 Jahren im Sinne einer nachhaltigen Gesellschaft nichts bewirkt, da kann Eppler ganz schön fuchsig werden. Der einstige Entwicklungsminister glaubt jedenfalls nach wie vor an Mehrheiten, Gesetze und politische Gestaltung - und verbittet sich darum auch die harsche Kritik an der Energiewende, die Paech für völlig ungeeignet hält, ökologische Probleme zu bewältigen. Der wiederum glaubt nicht, dass Politiker, die ja wiedergewählt werden wollen, sich vom "Wachstumswahn" abwenden können oder wollen - und darum will er lieber im Kleinen beginnen, sich in Selbstbeschränkung zu üben. Jede Sichtweise wird verständlich, wenn auch in leicht verwirrender Vielfalt ausgebreitet - zu einer Einigung findet man am Ende (natürlich) nicht. Dafür stehen dort zwei Aufsätze von Eppler und Paech - die wären besser als Einführung geeignet gewesen. Die Revolution vom Buchtitel jedenfalls - die wird auf sich warten lassen. Selten wurde klarer vorgeführt, wo die Grenzen sind zwischen dem vielleicht Wünschenswerten und dem aktuell Machbaren.

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