Gleichstellung:Nahles hält Parität für "notwendig"

Die Bundestags-SPD feiert 100 Jahre Frauenwahlrecht. Dass eine Frau heute selbstverständlich zur Bundeskanzlerin gewählt werden kann, ist der Parteichefin allerdings nicht genug.

Von Jasmin Siebert, Berlin

"Mama, können Männer eigentlich auch Bundeskanzlerin werden?" Diese Frage habe kürzlich die kleine Tochter einer TV-Moderatorin gestellt. Es gab Schmunzeln im Publikum, als Andrea Nahles die Anekdote am Montagabend erzählte. Die SPD-Bundestagsfraktion feierte 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland und insbesondere, dass am 19. Februar 1919 Marie Juchacz als erste weibliche Abgeordnete ans Rednerpult des Reichstags getreten war. Gelöst und glücklich wirkte die SPD-Vorsitzende Nahles an diesem Abend, als sie von solchen Meilensteinen in der Geschichte der Frauen erzählte. Der nächste Schritt sei die Frauenquote: "Parität nicht nur logisch, sondern notwendig" sagte Nahles: "Wir müssen uns unterhaken und den Kampf weiterführen."

In der Diskussionsrunde schlug Ferda Ataman, Sprecherin des antirassistischen Netzwerks Neue Deutsche Organisationen, halb im Scherz vor, eine Frauenquote von gleich 70 Prozent zu fordern: "Dann wären die Männer froh, wenn sie nur die Hälfte hergeben müssten." Während sich Familienministerin Franziska Giffey dafür aussprach, gemeinsam mit den Männern für Gleichberechtigung zu kämpfen, konnte Justizministerin Katarina Barley der utopischen Vorstellung eines rein weiblichen Parlaments durchaus etwas abgewinnen. Sie fände das "so einen Tag mal" gut, um einen geschlechtergerechten Haushaltsplan durchzubekommen, sagte sie.

Beim Feierakt durfte ein Lied nicht fehlen: "Raus mit den Männern ausm Reichstag" von Claire Waldoff. Bestimmt sitze die Sängerin auf einer Wolke und höre zu, sagte die Kabarettistin Sigrid Grajek, die das Lied in Anzug und Krawatte vortrug. Die SPD nahm das Jubiläum zum Anlass, um einmalig anstelle des sonst üblichen Otto-Wels-Preises den Marie-Juchacz-Preis in den Kategorien Engagement und kreative Reden zu verleihen. Ausgezeichnet wurden zum einen zwei junge, politisch engagierte Frauen, die in Reden an Marie Juchacz anknüpften: Julia Huber, 16, aus Hörmanshofen in Bayern und Anne Sophie Spieler, 19, aus Waghäusel in Baden-Württemberg. Zum anderen wurden zwei frauenpolitische Projekte prämiert: das "Frauenwahllokal" aus Potsdam sowie das Podcast-Projekt "Der lange Weg zur Demokratie für alle" der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft aus Leipzig.

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