Gladbeck:Eine Chance nach 30 Jahren

Geiselnehmer Degowski kommt frei.

Von Annette Ramelsberger

Jenes Bild von Dieter Degowski hat sich eingebrannt in die deutsche Kriminalgeschichte: der Mann, die Zigarette lässig im Mundwinkel, die Pistole hart am Hals seiner Geisel Silke Bischoff. Für die Menschen, die 1988 das Geiseldrama von Gladbeck miterlebt haben, sind er und sein Komplize Hans-Jürgen Rösner noch immer der Inbegriff des brutalen Geiselnehmers. Am Ende waren damals zwei junge Menschen tot.

Für die Angehörigen dieser Menschen wird das Geiseldrama von Gladbeck nie zu Ende gehen. Aber Degowski kommt nun nach fast 30 Jahren in Haft frei. 30 Jahre - das ist ein Menschenalter. In der Zwischenzeit ist die Mauer gefallen und wurde der Euro eingeführt. Eine Generation ist herangewachsen, der das Wort Gladbeck nichts mehr sagt. Und die sich auch kaum vorstellen kann, dass sich damals Reporter aus Sensationslust ins Auto der Geiselnehmer drängten und sie aus der Stadt lotsten. Und danach dennoch ohne Bruch Karriere gemacht haben.

Vier Jahre lang wurde Degowski auf die Freiheit vorbereitet. Er wird arbeiten, er wird Unterkunft haben, ein Helferkreis wird sich um ihn kümmern. Das sind beste Bedingungen dafür, dass er keine Straftaten mehr begeht. Man kann sich mit Grauen an das Geiseldrama erinnern und kann dennoch der Überzeugung sein, dass selbst einer wie Degowski die Chance auf Resozialisierung verdient. Das macht unseren Rechtsstaat aus.

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