Gipfeltreffen der Arabischen Liga:Syrische Opposition fordert Menschenrechte ein

Gipfeltreffen der Arabischen Liga: Muas al-Chatib zeigt sich bei seinem ersten Auftritt vor der Arabischen Liga mutig.

Muas al-Chatib zeigt sich bei seinem ersten Auftritt vor der Arabischen Liga mutig.

(Foto: AFP)

"Stärkt Euer Land durch Anständigkeit und Gerechtigkeit": In pathetischer Weise ruft Syriens Oppositionsführer al-Chatib bei seinem ersten Auftritt vor der Arabischen Liga zur Achtung der Menschenrechte auf - Vertreter anderer Staaten äußern Vorbehalte.

Oppositionsführer Muas al-Chatib hat seinen ersten Auftritt als Vertreter Syriens beim Gipfel der Arabischen Liga zur Kritik am Umgang mit Menschenrechten genutzt.

"Als Euer jüngster Bruder sage ich Euch: Fürchtet Gott bei Eurem Umgang mit dem Volk", rief er den Emiren und Präsidenten in Doha in Katar zu. "Stärkt Euer Land durch Anständigkeit und Gerechtigkeit." Al-Chatib rief die Liga auf, eine Resolution zu verabschieden, wonach politische Gefangene in der gesamten arabischen Welt freigelassen werden sollen. Dann werde "der Tag des Sieges der syrischen Revolution, die die Ketten der Unterdrückung sprengt, zum Tag der Freude für all unsere Völker".

Al-Chatib, ein sunnitischer Geistlicher, räumte ein, dass er mit seinem Appell gegen die diplomatischen Gepflogenheiten verstieß. Den Regierungen in Ägypten, Katar, Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten wird zwar immer wieder vorgeworfen, sie missachteten die Menschenrechte. Doch dass auf einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga jemand aus den eigenen Reihen, ein Neuling noch dazu, solch harsche Worte ergreift, ist ungewöhnlich.

Die syrische Opposition hatte beim 24. Gipfeltreffen der Arabischen Liga offiziell den Sitz Syriens eingenommen. Mehrere Teilnehmer klatschten, als die syrische Delegation zur Eröffnungssitzung des zweitägigen Treffens ihren Platz am Konferenztisch in der katarischen Hauptstadt Doha einnahm.

Sie wurde geleitet vom Ministerpräsidenten der syrischen Übergangsregierung, Ghassan Hito, und von Muas al-Chatib, der bereits seinen Rücktritt als Führer der Nationalen Syrischen Koalition angekündigt hat. Al-Chatib erhob auch Ansprüche auf den Sitz Syriens bei den Vereinten Nationen (UN). Die befreundeten Länder in der Arabischen Liga sollten der syrischen Opposition dabei behilflich sein, sagte er. Die Opposition will al-Chatib zufolge sämtliche Vertretungsansprüche des Landes auf internationaler Ebene übernehmen.

"Banditen" auf dem "gestohlenen Sitz"

Syriens Mitgliedschaft war im November 2011 suspendiert worden, nachdem das Regime von Präsident Baschar al-Assad mit Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen war. Kurze Zeit später erkannte die Liga Syriens Opposition als rechtmäßigen Vertreter des Landes an.

Beim Treffen in Katar wird der syrische Bürgerkrieg eine zentrale Rolle spielen. Schon die Eröffnungsrede war geprägt von dem Konflikt. Ein Gesandter des gesundheitlich angeschlagenen irakischen Präsidenten, Dschalal Talabani, verlas, dass der Irak gegen jede Einmischung sei. Auch die Delegationen aus Algerien und dem Libanon äußerten Vorbehalte. Die syrische Tageszeitung Al Taura verurteilte den Schritt der Liga scharf. Sie habe den "gestohlenen Sitz" an "Banditen" gegeben. Die Macht in einem Staat werde jedoch von dessen Bevölkerung verliehen, nicht von "Emiren der Finsternis und des Sandes", hieß es in Anspielung auf Katar und Saudi-Arabien.

Das Golfemirat Katar liefert Waffen an die Rebellen und hatte die Opposition als "legitime Vertreterin des syrischen Volkes" zu dem Gipfeltreffen eingeladen.

Nato verweigert Patriot-Einsatz in Syrien

Al-Chatib bat die USA, die Rebellengebiete im Norden seines Landes mit Patriot-Raketen vor Angriffen der syrischen Luftwaffe zu schützen. Er habe den amerikanischen Außenminister John Kerry gebeten, das Einsatzgebiet der in der Türkei stationierten Patriot-Systeme auf den Norden Syriens auszudehnen. Es gehe nicht darum, dass die Nato in Syrien kämpfe, sondern darum, dass sie Menschenleben schütze, sagte al-Chatib. Das Militärbündnis erteilte kurz darauf jedoch seine Absage. Die Nato habe nicht die Absicht, militärisch einzugreifen, sagte ein Vertreter.

In dem seit März 2011 andauernden Konflikt sind schon mehr als 72.000 Menschen getötet worden. Es wird erwartet, dass die Gipfelteilnehmer weitere Hilfe für die syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen beschließen, deren Zahl auf mehr als 3,6 Millionen angewachsen ist.

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