Gipfel in Nordirland:G-8-Staaten fordern Übergangsregierung in Syrien

Obama meets with Vladimir Putin during the G8 Summit at Lough Erne in Enniskillen

Eindeutige Körpersprache: Barack Obama und Wladimir Putin

(Foto: REUTERS)

Die G-8-Staaten rufen zur schnellstmöglichen Ausrichtung einer Syrien-Friedenskonferenz auf. Zum Abschluss ihres Gipfels in Nordirland fordern die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industriestaaten auch die Bildung einer Übergangsregierung.

Newsblog von Jannis Brühl

Die Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industrienationen der Erde treffen sich am nordirischen See Lough Erne, wo der britische Premier David Cameron zur Konferenz geladen hat. Zu den G-8-Staaten gehören neben Deutschland die USA, Japan, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien und Russland. In der Debatte um den Syrienkonflikt sollen die Staaten eine Annäherung erzielt haben - nachdem die Fronten am Montag zunächst verhärtet schienen. Weiteres wichtiges Thema am Dienstag: der Kampf gegen Steuerhinterzieher und -vermeider.

Die aktuellen Entwicklungen im Überblick:

  • Ziel Übergangsregierung: Russland und die anderen G-8-Partner sollen sich auf eine gemeinsame Erklärung zum Bürgerkrieg in Syrien geeinigt haben. Demnach soll so schnell wie möglich eine handlungsfähige Übergangsregierung bestimmt werden, verlautete aus Delegationskreisen. Die politische Zukunft des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad spart die Gipfelerklärung aus, wie Diplomaten berichten. Das setzte offensichtlich Russlands Präsident Wladimir Putin durch. Der Kreml will sich im Gegensatz zum Westen nicht zu einem Regierungswechsel des Landes bekennen und steht weiter zu seinem Verbündeten Assad. Die USA wollen seinen Gegnern Waffen liefern. Russland verweist darauf, dass zu dieser Opposition auch islamistische Gruppen gehören. Die G 8 einigten sich nach Angaben aus Verhandlungskreisen auch auf neue Hilfszusagen für die Opfer des Konflikts. Sie werden sich vermutlich auf mehr als eine Milliarde Dollar belaufen - umgerechnet etwa 747 Millionen Euro. Die Staats- und Regierungschefs stritten seit Montag hart über eine gemeinsame Position. Putin war zumeist isoliert, wie Diplomaten berichteten. Schließlich nickte auch der Kremlchef den Text ab.
  • Kein Lösegeld mehr: In der ersten Entscheidung an diesem Montag, haben die G 8 sich geeinigt, künftig kein Lösegeld mehr an terroristische Gruppen zu zahlen. Das verkündet die britische Regierung. Die Politiker fordern Unternehmen auf, ebenso zu handeln. Besonders in Nordafrika und vor der Küste Ostafrikas kommt es immer wieder zu Geiselnahmen durch islamistische Gruppen. Sie kaufen mit dem Geld mutmaßlich Waffen. Deutschland hat in den vergangenen Jahren vermutlich in mehreren Fällen entführte Staatsbürger freigekauft - dies öffentlich aber nie zugegeben.
  • Kampf gegen Steueroasen: Die Staats- und Regierungschefs haben sich zum Abschluss ihres Treffens das Thema Steuerflucht vorgenommen. "Wir bekennen uns dazu, unseren Part zu spielen, um weltweit Lösungen zu finden für die Probleme der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung", heißt es in der Abschlusserklärung der G 8. Die Staaten haben sich auf ihrem Gipfel darauf geeinigt, Steuerflüchtlingen das Leben künftig schwerer zu machen. Sie wollen, dass international tätige Unternehmen künftig ihre Einkünfte nach Ländern getrennt ausweisen, dass das Verschieben von Gewinnen in Niedrigsteuer-Gebiete erschwert wird und dass auch Steueroasen künftig die Finanzbehörden an Informationen lassen müssen. Allerdings gibt es in der Erklärung keine konkreten Angaben, wie die Ziele erreicht werden sollen, die Problematik wird weitgehend an die OECD verlagert. Öffentlichen Druck erzeugte in den vergangenen Monaten die Veröffentlichung der Offshore-Leaks-Daten und die Erkenntnisse über die niedrigen Steuern, die Unternehmen wie Apple oder Starbucks dank ihrer Firmenkonstrukte in Steueroasen zahlen.
  • Spionage eines britischen Geheimdienstes überschattet Gipfel: An diesem Montag interessierten sich zumindest die Regierungen in Ankara und Moskau weniger für den aktuellen Gipfel in Nordirland als für ein Treffen vor vier Jahren in London. Damals, beim G-20-Treffender wichtigsten Industrie- und Schwellenländer 2009, sollen die Briten die Teilnehmer ausgespäht haben, berichtet der Guardian. Computer seien überwacht, Telefonanrufe abgehört worden, unter anderem die des türkischen Finanzministers. Während die Staats- und Regierungschefs in Nordirland eintrafen, bestellte die Türkei den britischen Botschafter ein. Auch Russland ist wütend, dass der amerikanische Geheimdienst NSA beim Londoner Gipfel Nachrichten des damaligen Präsidenten Dmitrij Medwedjew abgehört haben soll. Aus der Regierung heißt es, diese Enthüllungen würden den G-8-Gipfel weiter belasten. Dabei ist das Verhältnis des Westens zu beiden Staaten ohnehin angespannt: zur Türkei wegen der Polizeigewalt gegen Demonstranten, zu Russland wegen Syrien. Allerdings kommentiert manch einer, die Spione hätten ja nur getan, was sie eben so tun: spionieren.
  • Ein freier Markt für 800 Millionen Menschen: Die Europäische Union und die USA beginnen Verhandlungen über die größte Freihandelszone der Welt. Das kündigten Cameron und Obama am Montagabend an. Ziel ist ein gemeinsamer Markt, der praktisch alle Wirtschaftsbereiche umfassen soll. Obama verkündete, schon im kommenden Monat gingen die Gespräche los. Besonders Frankreich setzt sich für eine Ausnahmeklausel ein. Die soll es den Regierungen erlauben, Kulturgüter wie Filme und Bücher weiter gegen Konkurrenz aus Nordamerika abzuschirmen.

​Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, Russland habe den britischen Botschafter einbestellt. Tatsächlich hat dies nur die türkische Regierung in Ankara getan. Die russische Regierung hat lediglich starke Kritik an den Abhöraktionen geäußert. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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