Gezerre um Steinbach:Widersprüchliche Signale

Streit um Erika Steinbach: Die BdV-Vorsitzende äußert sich kompromissbereit. Unwahrscheinlich ist allerdings, dass ihr Verband seine Position im Streit um das geplante Zentrum gegen Vertreibungen überdenkt.

Nico Fried

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, hat am Wochenende widersprüchliche Signale im Streit um ihre Person ausgesandt. Steinbach kündigte zwar an, die in Deutschland und Polen heftig umstrittene Frage ihrer Mitgliedschaft im Stiftungsrat des geplanten Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin noch einmal mit dem Präsidium des BdV zu erörtern.

Gezerre um Steinbach: Erika Steinbach: Signale zum Verzicht.

Erika Steinbach: Signale zum Verzicht.

(Foto: Foto: ddp)

Dies wurde allgemein als Bereitschaft Steinbachs gewertet, einen Verzicht auf ihren Sitz in dem Kuratorium nicht auszuschließen. Gleichwohl legte Steinbach damit die Entscheidung in das Ermessen des Präsidiums, das bislang eine klare Haltung zugunsten Steinbachs eingenommen hat.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass der BdV seine Position nun unter dem Eindruck der Proteste, die vor allem in Polen besonders heftig ausfielen, völlig neu ausrichtet. Steinbach selbst sagte der Bild am Sonntag: "Es gibt kein Recht für die polnische Seite, Einfluss auf die Besetzung des Stiftungsrates zu nehmen."

Das Benennungsrecht für die im Stiftungsgesetz vorgesehenen drei Sitze für den Bund der Vertriebenen habe ausschließlich der Bund der Vertriebenen. Steinbach unterließ es hinzuzufügen, dass alle Vorschläge für den Stiftungsrat abschließend noch vom Bundeskabinett gebilligt werden müssen, das damit faktisch das letzte Wort hat. Wegen des zu erwartenden Widerstandes der acht SPD-Minister wäre im Kabinett der großen Koalition nicht mit einer Mehrheit für Steinbach zu rechnen.

Steinbach plädierte zugleich für eine zügige Lösung in dem Streit. "Einen solchen Prozess kann man nicht zu lange hinziehen." Steinbach, die auch im CDU-Vorstand und für die Partei im Bundestag sitzt, kritisierte damit indirekt auch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die das offizielle Verfahren des Stiftungsrates trotz des Vorliegens aller gesetzlichen Voraussetzungen jüngst auf unbestimmte Zeit ausgesetzt hatte. Allerdings sprach Merkel, die sich lange Zeit gar nicht zu dem Streit geäußert hatte, zuletzt davon, dass eine Lösung noch "einige Tage" brauchen könne, was dafür spricht, dass auch die Kanzlerin nun auf eine Verständigung drängt.

Merkel und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatten am Freitagabend in Hamburg über das Thema Steinbach gesprochen. Über das vertrauliche Gespräch wurde allerdings nichts bekannt. Merkel will Tusk aus Rücksicht auf das jüngst verbesserte deutsch-polnische Verhältnis vor Angriffen der polnischen Opposition verschonen, sieht sich aber gleichzeitig mit wachsender Verärgerung in den Reihen der Union konfrontiert. Politiker von CDU und CSU forderten mehr Unterstützung für die Vertriebenenpolitikerin. "Man muss Frau Steinbach zur Seite stehen, niemand kann ihr vorwerfen, revanchistische Positionen zu vertreten", sagte der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). "Ich hätte mir gewünscht, dass die CDU die Angriffe zurückweist, die ins Unmäßige gehen."

"Erika Steinbach muss als Person vor diesen Angriffen geschützt werden", sagte auch der einflussreiche Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Georg Brunnhuber. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die letzten Getreuen verlieren." Auch der frühere CSU-Chef Erwin Huber sprach sich für eine Benennung Steinbachs aus. "Die Vertriebenen haben das Recht, von ihrer Vorsitzenden vertreten zu sein", sagt Huber. "Polen sollte anerkennen, dass das unsere Entscheidung ist."

Der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, der CSU-Politiker Bernd Posselt, hält einen Verzicht Steinbachs für unwahrscheinlich. Er gehe davon aus, dass es kurz- oder mittelfristig zu einer Lösung mit Steinbach kommen werde, sagte er. Die Vertriebenen wollten das neue Zentrum zwar so rasch wie möglich. "Aber es muss auch gut sein, es muss auch die Geschichte widerspiegeln", betonte Posselt. Eine Beteiligung der BdV-Präsidentin sei für die Sudetendeutschen eine Grundvoraussetzung. Ohne Steinbach würden sie ihr Vertrauen in das Projekt verlieren. Dann wäre auch ein Ausstieg der Sudetendeutschen denkbar, sagte Posselt.

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