Gewalt in Syrien:Vereinte Nationen rechnen mit 5000 Toten

"Das Schrecklichste, was der Sicherheitsrat in den vergangenen zwei Jahren gehört hat": Die UN-Kommissarin für Menschenrechte hat in New York einen neuen Bericht über die Gewalt des Assad-Regimes vorgestellt. Demnach sind in Syrien seit dem Beginn der Proteste etwa 5000 Menschen ums Leben gekommen.

Die Gewalt in Syrien hat mehr Todesopfer gefordert als bislang angenommen. "Wir müssen davon ausgehen, dass etwa 5000 Menschen bereits ihr Leben gelassen haben", sagte Außenminister Guido Westerwelle nach einem Treffen mit der UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay in New York. Bisher hatten die Vereinten Nationen geschätzt, dass seit dem Beginn der blutigen Proteste vor neun Monaten etwa 4000 Menschen getötet wurden.

Pillay unterrichtete den UN-Sicherheitsrat am späten Montag über die Gewalt der Regierung von Präsident Baschar al-Assad gegen die eigene Bevölkerung. Zu den Toten gehörten auch mehr als 300 Kinder, sagte die UN-Kommissarin im Anschluss vor Journalisten. Eine "gewaltige Anzahl" von Syrern sei in Lagern interniert. Dort werde gefoltert und vergewaltigt.

Eindringlicher Handlungsappell

Auf Grundlage ihrer Informationen gehe sie davon aus, dass im Land Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfänden. Sie habe dem Sicherheitsrat in New York deshalb empfohlen, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag anzurufen.

Syriens Machthaber hatte zuletzt in einem Interview mit einem US-Fernsehen jegliche Verantwortung für die Zustände in seinem Land von sich gewiesen und belustigt auf Fragen nach Schießbefehlen und Menschenrechtsverletzungen reagiert. Als sich die ABC-Reporterin erkundigte, ob er sich schuldig fühle, antwortete Assad: "Wie kann man sich schuldig fühlen, wenn man sein Bestes tut?"

Außenminister Westerwelle zeigte sich nach dem Treffen mit der Menschenrechtskommissarin "tief erschüttert": "Die Schilderungen der Lage in Syrien sind bedrückend." Westerwelle appellierte an die Länder im Sicherheitsrat, "die immer noch zögerlich sind, nun in Anbetracht der Zunahme von Grausamkeiten und Repressionen zu handeln".

Anfang Oktober war eine Resolution gegen Damaskus am Veto von Russland und China gescheitert. Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig nannte es "unerträglich, dass der Sicherheitsrat zum Schweigen verurteilt ist". Frankreichs Botschafter Gérard Araud sprach von einem Skandal. Der Sicherheitsrat habe die moralische Verpflichtung, sich für ein Ende der Gewalt einzusetzen. Sein britischer Amtskollege Sir Mark Lyall Grant wies darauf hin, dass Pillays Bericht über Syrien "das Schrecklichste war, was der Sicherheitsrat in den vergangenen zwei Jahren gehört hat".

Russlands Spitzendiplomat bei den Vereinten Nationen in New York, Witali Tschurkin, warnte die syrische Opposition, die Regierung weiter zu provozieren. Sonst könnte sich die Zahl der Todesopfer noch um ein Vielfaches erhöhen. Moskau sei zutiefst besorgt über die Entwicklung in dem arabischen Land und habe Damaskus mehrfach gedrängt, die Gewalt zu stoppen.

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