Süddeutsche Zeitung

Gewalt in Syrien:Geldkoffer statt Panzerabwehr

Nach dem Treffen der "Freunde Syriens" steht fest: Die teilnehmenden Staaten greifen faktisch zugunsten der Aufständischen in den Bürgerkrieg ein. Sie unterstützen die Opposition vor allem finanziell - und tragen so zur Eskalation des bewaffneten Konflikts bei.

Stefan Kornelius

In Istanbul haben sich beeindruckend viele Staaten als "Freunde Syriens" getroffen. Es wäre ehrlicher gewesen, wenn sich die Versammlung "Waffenbrüder der syrischen Opposition" nennen würde. Denn die Ohnmacht der internationalen Staatenwelt angesichts der Zustände im Assad-Reich schlägt um: Faktisch greifen die mehr als 60 Staaten nämlich zugunsten der Aufständischen in den Bürgerkrieg ein - wenn auch erst mal nur mit Nachtsichtgeräten, mit Satelliten-Kommunikation, und mit Geld, das wiederum beim Waffenkauf helfen wird.

Syriens Freunde sind die Anhänger eines Regimewechsels. Nach Monaten des Gemetzels ist auch kaum eine andere Lösung vorstellbar als die Vertreibung Baschar al-Assads vom Autokraten-Thron. Deswegen ist die Botschaft des "Freunde"-Treffens in Istanbul beeindruckend. So viele unterschiedliche Staaten und Organisationen an einen Tisch zu bekommen - das zeugt von politischer Entschlossenheit.

Was aber tun, wenn die Gruppe mit ihren Vermittlungen mittelfristig keinen Erfolg hat? Dann wird es schwierig. Denn nur ein Teil der Gruppe bekennt sich offen zum militärischen Einsatz oder will zumindest Waffen liefern. Der andere Teil täte das zwar auch gern, versteckt sich aber nach wie vor hinter politischen Mahnungen.

Offenbar besteht der Konsens nun darin, dass die Eingreif-Fraktion den Aufständischen das Geld zusteckt, mit dem sie sich Waffen beschaffen können. Geldkoffer statt Panzerabwehr - das ist aber eine schlechte Basar-Lösung. Die "Freunde" billigen damit die militärische Eskalation - offenbar in der Hoffnung, dass eine politische Lösung damit wahrscheinlicher wird. Die Erfahrung lehrt, dass eher das Gegenteil eintritt.

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SZ vom 02.04.2012/mkoh
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