Gewalt in Syrien:Bombenanschlag in Aleppo

Nach den schweren Anschlägen in Damaskus ist nun auch in Syriens zweitgrößter Stadt Aleppo eine Autobombe explodiert. Überall im Land erinnert die Opposition mit Demonstrationen an den Beginn des Aufstands vor einem Jahr. Der Druck auf die Regierung wächst jedoch weiter: Der ehemalige Verbündete Russland findet ungewöhnlich scharfe Worte.

Das syrische Staatsfernsehen hat gemeldet, eine Autobombe sei in einem Wohngebiet der Stadt Aleppo explodiert. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, wurde ein "Terroranschlag" hinter einem Postgebäude in dem überwiegend von Christen bewohnten Viertel Al-Sulaimanja verübt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen handelte es sich um eine Autobombe. Mehrere Menschen seien getötet und verletzt worden. Auch nach Darstellung der Opposition gab es Tote und Verletzte. In der Nähe des Explosionsortes befinde sich eine Einrichtung der Sicherheitsbehörden.

In der Hauptstadt Damaskus waren am Vortag bei der Detonation zweier Autobomben mindestens 27 Menschen verletzt worden. Die Anschläge waren gegen Sicherheitsbehörden gerichtet.

Die jüngsten Anschläge stünden im Zusammenhang "mit einer Eskalation seitens regionaler und internationaler Kräfte, die Waffen nach Syrien schicken wollen", hieß es in einer Erklärung des syrischen Innenministeriums. In einem Brief an den UN-Sondergesandten Annan machte die Regierung die Demobilisierung der Opposition zur Bedingung für einen Waffenstillstand. Sie sei "um ein Ende der Gewalt bemüht", aber zuerst müssten die oppositionellen Gruppen ihre Waffen niederlegen, hieß es in dem Schreiben

Oppositionsgruppen erinnern an den Beginn des Aufstands vor einem Jahr

Mit Scharfschützen und Panzern hat das Regime des syrischen Präsidenten Baschar Assad versucht, Kundgebungen zum Jahrestag des Aufstands zu verhindern. Sicherheitskräfte und Milizionäre hätten Demonstrationen in der Hauptstadt Damaskus am Sonntag rasch aufgelöst, berichteten Aktivisten. Auch in anderen Teilen des Landes sei es zu Zusammenstößen gekommen, sodass größere Protestaktionen ausgeblieben seien.

Das Syrische Observatorium für Menschenrechte mit Sitz in England erklärte, die syrischen Streitkräfte hätten auf hunderte Demonstranten in Damaskus geschossen und die Anführer festgenommen. Die Örtlichen Koordinationskomitees meldeten, die Demonstration habe auf dem Fahameh-Platz stattgefunden. Keine der Gruppen berichtete über Verletzte.

Auch in den Provinzen Idlib und Deir al Sur schossen Sicherheitskräfte auf Demonstranten, wie Aktivisten berichteten. Die Streitkräfte errichteten um die Stadt Daraa Straßensperren und postierte Scharfschützen auf Dächern. Der Aktivist Adel al Omari sagte, zu Beginn des Aufstands seien die Menschen noch zu den Protestaktionen geströmt. Nun hätten viele Angst, ihre Dörfer zu verlassen.

Vor einem Jahr, am 18. März 2011 gingen erstmals tausende Menschen auf die Straßen. Sicherheitskräfte töteten damals in der Stadt Daraa im Süden des Landes mehrere Demonstranten.

Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei steigt

Wegen der andauernden Gewalt in Syrien ist die Zahl der Flüchtlinge in der Türkei inzwischen auf 15.900 gestiegen. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete am Sonntag unter Berufung auf das Außenministerium in Ankara, am Vortag seien etwa 200 weitere Menschen aus dem Nachbarland über die Grenzen gekommen. Sie wurden in Lagern untergebracht.

Unterdessen berichteten türkische Medien, in der syrischen Protesthochburg Idlib sei ein türkischer Lastwagenfahrer erschossen worden, als er mit seinem Fahrzeuge in Kämpfe geriet. Idlib liegt etwa zehn Kilometer von der türkischen Grenze entfernt.

Ungewöhnlich scharfe Worte aus Russland

Russland hat in ungewöhnlich scharfen Worten die syrische Regierung aufgefordert, den Friedenseinsatz des UN-Gesandten Kofi Annan zu unterstützen. Sie solle schnell und ohne Verzögerung das Vorgehen des ehemaligen Generalsekretärs der Vereinten Nationen unterstützen, erklärte Außenminister Sergej Lawrow in einem am Samstag veröffentlichten Interview. Man erwarte dies allerdings auch von der Opposition.

Lawrow betonte, dass Russland "nicht die syrische Regierung unterstützt". Vielmehr sei es nötig, einen politischen Prozess zu beginnen, hieß es in dem Text des Interviews, der auf der Website des Ministeriums veröffentlicht wurde. "Dazu ist zuerst ein Waffenstillstand notwendig."

Nach Schätzungen der UN sind bei dem seit etwa einem Jahr anhaltenden Aufstand in Syrien mehr als 8000 Zivilisten ums Leben gekommen. Russland und China hatten Anfang Februar mit einem Veto im UN-Sicherheitsrat die Verurteilung der syrischen Regierung verhindert. Die beiden Länder werfen dem Westen und arabischen Staaten - die Annan ebenfalls vertritt - vor, Präsident Baschar al-Assad stürzen zu wollen. Russland ist ein langjähriger Verbündeter Syriens.

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