Gewalt gegen Polizisten:"Die Polizei hält ihren Kopf hin"

Eskalation der Gewalt: Die Angriffe auf Polizeibeamte haben massiv zugenommen. Gewerkschaftsvorsitzender Bernhard Witthaut verlangt nun härtere Strafen.

Detlef Esslinger

Die Gewalt gegen Polizisten in Deutschland hat offenbar deutlich zugenommen. Das geht aus einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen hervor. Sie soll zwar erst in der kommenden Woche offiziell vorgestellt werden. Institutsdirektor Christian Pfeiffer gab einige Ergebnisse jedoch vorab am Mittwoch beim Kongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bekannt.

Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei

GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut will Angriffe auf Polizisten unter Strafe zu stellen. Wer einen Amtsträger angreife, solle zu einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren verurteilt werden.

(Foto: dpa)

Nach Pfeiffers Angaben hat sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Polizisten mehr als verdoppelt, die angegriffen wurden beim Versuch, familiäre Konflikte zu schlichten. Der Grund dafür: Das Gewaltschutzgesetz von 2002, das es erlaubt, Gewalttätern das Betreten ihrer bisherigen Wohnung zu verbieten. Parallel dazu sei jedoch die Zahl der bei Familienkonflikten Verletzten "deutlich" zurückgegangen, sagte Pfeiffer. "Die Polizei hält ihren Kopf hin, und das Ergebnis ist wunderbar. Die innerfamiliäre Gewalt war noch nie so niedrig wie heute."

Fast acht Prozent aller Polizisten sind der Studie zufolge in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal so heftig angegriffen worden, dass sie ein bis sechs Tage dienstunfähig waren. Fünf Prozent waren für sieben und mehr Tage dienstunfähig. Für Frauen ist das Risiko geringer als für ihre männlichen Kollegen: 2,5 Prozent von ihnen wurden angegriffen, demgegenüber 3,7 Prozent der Männer. Die Forscher stellten fest, dass die Neigung zur Gewalt insgesamt stark zugenommen hat: Zum Beispiel sei es 2005 noch bei 15 Fußballspielen zu Übergriffen gekommen, 2009 jedoch bei 39.

Am letzten Tag des GdP-Kongresses war Bundespräsident Christian Wulff zu Gast. Er sagte, er verurteile scharf eine allgemeine Haltung, nach der Beamte heutzutage nun mal gefährlicher lebten als früher. Die Gesellschaft müsse ein Signal setzen, dass sie ihre Polizei "schätzt, würdigt und unterstützt".

Die GdP erläuterte, wie sie sich das konkret vorstellt. Ihr neuer Vorsitzender Bernhard Witthaut bekräftigte die Forderung, Angriffe auf Polizisten unter Strafe zu stellen. Wer einen Amtsträger angreife, solle zu einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren verurteilt werden. Zwar zeichnet sich derzeit ab, dass ein bestehender Paragraph verschärft werden soll, nämlich der, der den "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" unter Strafe stellt. Dies kann künftig bis zu drei Jahre Freiheitsentzug nach sich ziehen; bisher waren es zwei.

Aber der GdP geht das nicht weit genug. Sie bemängelt, dass die Strafbarkeit einer Widerstandshandlung hier davon abhängig ist, dass es zuvor zum Beispiel eine Festnahme gegeben hat. Sie will hingegen auch unvermittelte Angriffe aus dem Nichts bestraft sehen. Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU) gab der Forderung wenig Chancen. Es sei schon schwierig genug gewesen, den Widerstandsparagraphen zu verschärfen, sagte er; eine Anspielung darauf, dass die FDP dies zwar mitträgt, eigentlich aber für überflüssig hält.

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