Gewalt gegen Frauen:Keine Privatsache

Alle paar Tage tötet ein Mann in Deutschland seine Partnerin. Das sind keine "Familiendramen" - es ist ein strukturelles Problem.

Von Julian Dörr

Pro Woche sterben, statistisch betrachtet, fast drei Frauen in Deutschland durch die Hand ihres Partners: 147 Frauen allein im vergangenen Jahr. Trotz der Wucht dieser Zahlen behandelt die Gesellschaft Gewalt gegen Frauen so, als wäre sie Privatsache. Schon allein der Begriff "Familiendrama" - eine gängige Schlagzeile in vielen Medien - vermittelt den Eindruck, es ginge um zerbrochenes Geschirr und häuslichen Zank.

Eine große Debatte gibt es vor allem dann, wenn Menschen mit Migrationshintergrund die Täter sind. Dabei ist Gewalt gegen Frauen kein eingewandertes Problem. Mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen in Fällen häuslicher Gewalt sind Deutsche. Es geht nicht um die Herkunft der Täter, sondern darum, dass sie Männer sind. Gewalt gegen Frauen ist viel zu oft die Folge eines schädlichen Verständnisses von Männlichkeit, einer gesellschaftlichen Sozialisation, die Gewalt als zentralen Teil des Mannseins sieht.

Politik und Staat müssen endlich mehr Verantwortung übernehmen. Es braucht mehr Geld für Frauenhäuser; viele sind überlastet und müssen Frauen in Not aus Platzmangel abweisen. Es braucht aber auch und vor allem Aufklärungsarbeit. Nicht weil alle Männer Täter wären, sondern weil auch sie Verantwortung tragen für das gerechte Zusammenleben der Geschlechter.

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