Gewählter US-Präsident:Trump fühlt sich verfolgt

President-Elect Donald Trump Holds Press Conference In New York

Macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt: Donald Trump, der nächste US-Präsident.

(Foto: AFP)

Bei allem Geplänkel mit den Medien: Findet der große Kampf in Wahrheit zwischen dem künftigen Präsidenten und den Geheimdiensten statt?

Von Hubert Wetzel, Karoline Meta Beisel und Christian Zaschke

Vor ein paar Jahren hat Donald Trump einem amerikanischen Diplomaten einmal Ratschläge gegeben, wie der mit den Russen über Atomwaffen verhandeln sollte. "Ich würde erst mal eine Stunde zu spät zum Treffen kommen", erklärte Trump seine Taktik. "Dann würde ich mich über dem Russen aufbauen, ihm mit dem Zeigefinger an die Brust stoßen und sagen: Fuck you! Dann würde ich wieder rausgehen."

Wie Donald Trump mit den Russen verhandelt, wird die Welt in den kommenden Monaten erfahren. Wie die Fuck-You-Strategie des künftigen Präsidenten funktioniert, konnte man schon mal am Mittwoch besichtigen, als Trump in New York die erste Pressekonferenz seit einem halben Jahr gab. Ein paar Stunden zuvor hatten der Nachrichtensender CNN und die Internetseite Buzzfeed enthüllt, dass in Washington ein 35-seitiges Dossier herumgeistert, in dem von sexuellen Eskapaden Trumps bei einem Besuch in Moskau und engen Verbindungen zum Kreml die Rede ist.

Vielleicht war das Geplänkel zwischen Trump und den Medien nur Kulisse

Als Trump also in New York ans Podium tritt, ist er einigermaßen wütend. Buzzfeed bekommt gleich dicke Prügel. Ein "gescheiterter Haufen Müll" sei das Internetmagazin, rotzt Trump. Den CNN-Reporter Jim Acosta kanzelt er vor der versammelten Weltpresse ab. Drei, vier, fünf Mal versucht der Journalist, eine Frage loszuwerden, jedes Mal rammt ihm Trump - bildlich gesprochen - den Zeigefinger gegen das Brustbein und grollt: Fuck you. Und seine mitgebrachten Leute johlen dazu.

Aber vielleicht war das Geplänkel zwischen Trump und den Medien nur Kulisse. Vielleicht findet in Wahrheit der große Kampf in Washington statt, nämlich zwischen dem künftigen Präsidenten und den Geheimdiensten.

Man muss, um das zu verstehen, einen Schritt zurück machen. Zusammengestellt wurde das Dossier von Christopher Steele, einem ehemaligen Mitarbeiter des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6. Für den Dienst hat Steele sowohl in Russland als auch in Frankreich gearbeitet, jeweils als Diplomat getarnt. Steele fand seine Erkenntnisse derart brisant, dass er auch mit dem FBI in Kontakt trat. Laut Mitarbeitern der US-Geheimdienste gilt Steele als verlässlich und kompetent, doch für seine Anschuldigungen gibt es keinerlei Beweise. Trotzdem entschloss sich Buzzfeed-Chefredakteur Ben Smith, das Dossier zu veröffentlichen, und erklärte dazu in einer Mitteilung an seine Mitarbeiter, die er auch über Twitter publik machte: "Es ist unser Ansinnen, transparent zu sein in unserem Journalismus und das, was wir haben, mit unseren Lesern zu teilen."

Aber darf man das, dem Leser einen Sack Gerüchte auf den Tisch kippen und dann sagen: Macht damit, was Ihr wollt? Nicht nur der President elect hat damit seine Probleme.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: