Süddeutsche Zeitung

Gesundheitsreform:Kompromissvorschlag beim Zahnersatz

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Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will die im Gesundheitskompromiss von Union und Rot-Grün vereinbarte Zahnersatz-Regelung wieder ändern. In einem Schreiben an Angela Merkel schlug Schmidt jetzt vor, statt des beschlossenen Festbetrags einen prozentualen Beitrag zu erheben.

"Nach meinem Vorschlag wird eine Frau mit 500 Euro Rente einen Euro im Monat für den Zahnersatz zahlen. Nach dem Vorschlag der Union sechs bis sieben Euro", erklärte Schmidt (SPD) am Samstag in Berlin.

Ein CDU-Sprecher bestätigte den Eingang des Schreibens. Der Vorschlag werde nun geprüft, sagte er. FDP-Bundesvize Andreas Pinkwart forderte Merkel auf, sich nicht auf Änderungen einzulassen: "Das wäre die Weichenstellung in Richtung Bürger- Zwangsversicherung." Die Krankenkassen rechnen unterdessen nicht mehr mit einer Neuregelung beim Zahnersatz bis Anfang 2005.

Der von Schmidt vorgeschlagene prozentuale Beitrag müsse bei maximal 0,4 Prozent des Einkommens bis zur Beitragbemessungsgrenze von 3487,50 Euro liegen, heißt es in der "Passauer Neue Presse" (Samstag). Damit würde die Zahnversicherung zu Zusatzkosten von höchstens 6,98 Euro führen. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sollten nach Schmidts Vorstellungen zeitgleich mit der für den 1. Januar 2005 vorgesehenen Ausgliederung des Zahnersatzes um den entsprechenden Prozentsatz gesenkt werden.

Unbürokratische Regelung

Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte, der einzige Weg, eine unbürokratische Regelung zu finden, sei die Beibehaltung eines prozentualen Anteils. Festbeträge seien im Grunde zum existierenden System "wesensfremd". Und Kombinationen führten zu einer teuren Bürokratie. "Wir haben die Hoffnung, dass sich da etwas im Interesse der Patienten bewegt", sagte die Sprecherin.

Unterstützung erhielt Schmidt vom Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach. Eine Kopfpauschale für den Zahnersatz wäre ein "Bürokratiemonster", sagte er dem NDR. Einkommensabhängige Beiträge für den Zahnersatz bei einem gleichzeitigen Wettbewerb zwischen gesetzlichen und privaten Kassen - "das wäre nicht das schlechteste Modell, sondern das beste".

An der Grundsatzentscheidung, wonach die gemeinsame Finanzierung des Krankenkassenbeitrags von Arbeitgebern und Arbeitnehmern beim Zahnersatz aufgegeben werde, halte Schmidt fest, heißt es in einem Bericht der "Berliner Zeitung" (Samstag). Die Patienten müssten den Zahnersatz also voraussichtlich wie geplant allein absichern.

Merkel zurückhaltend

CDU-Chefin Merkel sagte der "Märkischen Allgemeinen" (Samstag), erst wenn Schmidt "alle Karten auf den Tisch legt und ein konkretes Verhandlungsangebot macht", könne die Union entscheiden, "ob wir über dieses Thema noch einmal mit der Regierung reden". Die Regierung sei mit der Umsetzung der für den 1. Januar 2005 geplanten Regelung "sehr im Verzug". Auch Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen äußerten sich skeptisch über den geplanten Termin Anfang 2005. In einem Schreiben an Gesundheits-Staatssekretär Klaus Theo Schröder warnten sie laut einem "Focus"-Bericht vor einem Chaos.

Der Vorstoß von Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), auf die Versicherung des Zahnersatzes durch einen Sonderbeitrag zu verzichten, stieß bei großen Kassen auf Bedenken. "Damit würde ein zartes Pflänzchen kaputtgemacht", nämlich der Einstieg in eine generelle einheitliche Gesundheitsprämie an Stelle der jetzigen einkommensabhängigen Beiträge, sagte der Chef der Deutschen BKK, Ralf Sjuts, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer unterstütze dagegen von der Leyens Vorschlag. "Wenn das die Meinung der CDU ist, wird es an der CSU nicht scheitern", er dem "Spiegel". Sollte es jedoch beim bislang vereinbarten System bleiben, müssten die Kassen verpflichtet werden, ihre Beiträge um 0,4 Prozentpunkte zu reduzieren. Ohnehin geplante Beitragssenkungen dürften dabei nicht eingerechnet werden: "Sonst zahlen die Leute doppelt."

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dpa
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