Gesundheitspolitik:Rüttgers stemmt sich gegen FDP-Reformeifer

Noch bevor Union und Liberale den Koalitionsvertrag unterzeichnen, knirscht es in der Gesundheitspolitik: Der künftige FDP-Gesundheitsminister Rösler betont seinen Reformeifer, doch die CSU und CDU-Vize Rüttgers wiegeln ab - und Merkel-Vertrauter Pofalla preist den Gesundheitsfonds.

Auch nach der schwarz-gelben Koalitionsvereinbarung bleibt das Thema Gesundheitsfonds zwischen den zukünftigen Regierungspartnern ein Konfliktthema.

Jürgen Rüttgers CDU Ministerpräsident NRW Gesundheitsreform dpa

Will kommendes Jahr erneut Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen werden: CDU-Vize Jürgen Rüttgers.

(Foto: Foto: dpa)

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sicherte Geringverdienern zu, nicht zu den Verlierern einer Reform der Krankenversicherungen zu werden. "Wer wenig verdient, darf relativ nicht mehr bezahlen als derjenige, der viel verdient", sagte Rüttgers dem Kölner Stadt-Anzeiger.

CSU: Systemwechsel nicht in Sicht

Der CDU-Politiker, der sich im kommenden Mai Landtagswahlen stellen muss, schloss eine schnelle Reform des Krankenversicherungssystems aus. Man habe dafür gesorgt, dass es einen Milliardenzuschuss für die Krankenkasse gibt und damit keine Beitrags- und Arbeitskostenerhöhungen erforderlich seien, sagte Rüttgers.

Ähnlich sieht man die Causa auch in Bayern: Einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik wird es laut CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nicht geben. Im Bayerischen Rundfunk verkündete Dobrindt, das Gesundheitssystem werde zwar neu geordnet, aber es stehe kein Systemwechsel an. Der Generalsekretär sagte: "Auch zukünftig sollen Kassenbeiträge aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeträgen bestritten werden. Nein, die Kopfpauschale wird nicht kommen."

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Dobrindt betonte, dass die Krankenversicherung solidarisch bleiben soll: "Die Kostensteigerungen sollen nicht einseitig auf die Versicherten verlagert werden." Der CSU-Politiker versicherte, es werde dazu kommen, "dass es in der Summe ein Gesundheitssystem bleibt, das auf Beiträge fixiert ist und das sich über Beiträge speist". Möglicherweise werde es "in kleinen Teilen Überlegungen geben, die in Richtung Pauschale gehen".

Andere Töne kommen von der FDP: Die Gesundheitsreform muss nach Worten des künftigen Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler ein "Markenzeichen von Schwarz-Gelb" werden. Der Bild-Zeitung zufolge sagte der FDP-Politiker, man würde nun endlich für ein Gesundheitssystem sorgen, "das für über 80 Millionen Menschen in Deutschland robust und gerecht ist".

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Bayerns Gesundheits- und Umweltminister Söder zu einer Reform des Gesundheitswesens zu sagen hat.

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Aushängeschild Gesundheitsreform

Auf die Frage, wie sehr er auf die Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel angewiesen sei, sagte der 36-Jährige: "Ich denke, die gesamte Koalition hat ein gemeinsames Ziel: Ein stabiles und funktionierendes Gesundheitssystem auf die Beine zu bringen, das nicht alle zwei Jahre reformiert werden muss." Dafür stehe auch die Kanzlerin ein.

Merkels künftiger Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) verteidigte derweil den von der großen Koalition beschlossenen Gesundheitsfonds. "Wir sind der Überzeugung, dass der Gesundheitsfonds der richtige Weg ist", sagte Pofalla in der ARD.

Er widersprach dem Vorwurf aus der FDP, wonach der Gesundheitsfonds nicht effektiv arbeite.

Bayerns Gesundheits- und Umweltminister Markus Söder (CSU) prophezeite eine schwierige Diskussion um die geplante große Gesundheitsreform. "Der Gesundheitsfonds wird abgewickelt und in ein neues System überführt", sagte Söder.

Mit der Beitragsautonomie und regionaler Differenzierung bestehe die Chance, dass mehr Geld in Bayern bleibe.

Union und FDP wollen eine grundlegende Gesundheitsreform anpacken. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen längerfristig wieder einen Teil der Beiträge selbst erheben. Das künftige Ausgleichssystem wird wahrscheinlich 2011 umgesetzt.

Die Kassen werden danach einen einkommensunabhängigen Beitrag erheben können. Für Geringverdiener ist ein Solidarausgleich über Steuermittel geplant. Der Arbeitgeberbeitrag soll zur Entlastung der Wirtschaft gedeckelt werden.

Das Konzept stößt vor allem bei den gesetzlichen Krankenkassen auf scharfe Kritik. Bei finanziellen Problemen des Staates müssten Kürzungen des sozialen Ausgleichs für Geringverdiener unwiderruflich ausgeschlossen werden.

Das forderte der stellvertretende AOK-Vorstandsvorsitzende Jürgen Graalmann in der Neuen Osnabrücker Zeitung.

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