Nach monatelangem Ringen haben sich Union und FDP auf eine Gesundheitsreform verständigt. Von den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Zielen ist das Regierungsbündnis dabei weit entfernt. Herausgekommen ist eher ein Notprogramm; es soll das 2011 drohende Finanzloch der Krankenkassen stopfen - mit zum Teil kräftigen Zusatzbelastungen für die Beitrags- und Steuerzahler. Ob die Vereinbarungen taugen, das System in den nächsten Jahren einigermaßen stabil zu halten, ist noch strittig.
In Merkels Namen: Gesundheitsminister Philipp Rösler von der FDP musste seine großen Pläne für eine Gesundheitsreform begraben.
(Foto: ag.dpa)Warum steigen die Beiträge immer weiter?
In der Politik spielen Zahlen eine ganz besondere mitunter die entscheidene Rolle. So lässt sich der aktuelle Kompromiss in der Gesundheitspolitik im Wesentlichen auf eine einzige Zahl reduzieren. Sie stammt vom Bundesversicherungsamt und besagt, dass die Krankenkassen im kommenden Jahr ein Defizit von elf Milliarden Euro einfahren werden - was dazu führt, dass einigen und auch großen Kassen die Insolvenz droht. Der kleinere Teil dieser Finanzierungslücke ist Folge der Wirtschaftskrise. Der größere Teil kommt durch höhere Ausgaben zustande.
Hauptverantwortlich für diese Entwicklung ist die große Koalition, die noch vor der Bundestagswahl ein üppiges Plus für Kliniken und niedergelassene Fach- und Hausärzte veranlasste. Unabhängig von den politischen Beschlüssen steigen zudem die Kosten für die Versorgung mit Arzneimitteln. Im Vergleich zu anderen Märkten verhält sich der Gesundheitsbereich paradox. Die durch den technischen Fortschritt erzielten Einsparungen fallen zumeist nicht ins Gewicht. Neue Therapien, die zusätzlichen Nutzen für Patienten mit zuvor nicht behandelbaren Krankheitsbildern helfen, sind hingegen mit deutlichen Kostensteigerungen verbunden. In Zukunft dürfte auch die alternde Gesellschaft die Finanzierung der Kassen schwieriger machen, weil es im Verhältnis weniger arbeitende Beitragszahler geben wird.