Gesundheitspolitik:Darf Seehofer nur mit Maulkorb verhandeln?

Bei den geplanten Gesprächen zwischen Rot-Grün und der Union wird der CSU-Gesundheitsexperte möglicherweise die Verhandlungen führen. Parteichefin Merkel erwartet, "dass er dann auch die Position der Fraktion in diesen Verhandlungen vertreten kann".

Bei den Gesprächen am kommenden Dienstag wollen Regierung und Union sondieren, ob ein Konsens zur Gesundheitsreform möglich ist. Es handele sich um ein informelles Gespräch auf Arbeitsebene, hieß es am Freitag aus Unionskreisen. Geklärt werden solle, ob weiter gehende Verhandlungen überhaupt Sinn machten.

Zuvor würden sich die Fachleute der Union treffen, sowohl um die inhaltliche Linie abzustecken, als auch um einen Verhandlungsführer zu bestimmen.

SPD-Fraktionschef Franz Müntefering hatte die Union bei der ersten Lesung des Gesundheitsreformgesetzes am Mittwoch aufgefordert, bereits im Bundestag und nicht erst im Bundesrat einen Kompromiss auszuhandeln. CDU-Fraktionsvorsitzende Angela Merkel hatte grundsätzlich positiv darauf reagiert, aber erhebliche Nachbesserungen am Regierungsentwurf gefordert.

Kernstück des Reformkonzepts abgelehnt

Ob der für Gesundheitspolitik zuständige Fraktionsvize Horst Seehofer die Verhandlungen übernehmen kann, blieb am Freitag offen. Seehofer lehnt ein Kernstück des Reformkonzepts der eigenen Fraktion, eine private Pflichtversicherung für Zahnersatz, ab.

Zwar erklärte Fraktionschefin Angela Merkel, der CSU-Politiker sei in seiner Funktion als ihr Stellvertreter "der geborene Verhandlungsführer". Sie fügte aber an: "Ich gehe davon aus, das sage ich ausdrücklich dazu, dass er dann auch die Position der Fraktion in diesen Verhandlungen vertreten kann."

Sie erwarte, dass sich Seehofer zu genau dieser Frage äußere, ergänzte Merkel später bei der CDU-Vorstandsklausur im brandenburgischen Bad Saarow. Die Entscheidung, wer tatsächlich mit Rot-Grün verhandelt, soll erst nächste Woche fallen, wie CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte.

Seehofer ist als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU für Gesundheitspolitik zuständig. Er lehnt jedoch den Kernpunkt des ohne ihn beschlossenen Unions-Reformkonzepts, eine private Pflichtversicherung für Zahnersatz, ab. Die Berechnungen als Grundlage für den Plan seien unseriös, sagte Seehofer.

CDU-Generalsekretär Meyer hatte Seehofer zuvor im Deutschlandradio für seine abweichende Position kritisiert. Die Vorwürfe des CSU-Politikers seien überzogen und nicht nachvollziehbar. Die Berechnungen zur Zahnersatzversicherung stammten von dem seriösen Verband der privaten Krankenversicherer. Dafür müssten die Experten gerade stehen, sagte Meyer: "Ich finde, Herr Seehofer sollte sich wirklich mit den Fraktionskollegen beschäftigen und nicht der Fraktion über die Presse seine Meinung zukommen lassen."

Aus neun Euro wurden über Nacht 7,50

Seehofer hatte erläutert, dass der Krankenversichererverband zunächst einen monatlichen Beitrag von neun bis zwölf Euro pro Person für eine private Pflichtversicherung für den Zahnersatz berechnet hatte. Einen Tag später habe er das Angebot auf 7,50 Euro verbessert. Diese Zahlen seien "nicht plausibel", meinte Seehofer. In jedem Fall werde die Versicherung deutlich mehr kosten als derzeit die Absicherung des Zahnersatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt würde gerne mit Horst Seehofer verhandeln, wie ihr Sprecher Klaus Vater am Freitag bekräftigte. Seehofer habe soziales Feeling, hohen Sachverstand und könne auf Erfahrungen zurückgreifen. Das könne die Verhandlungen mit der Union in "richtige Bahnen" lenken.

(sueddeutsche.de/AP)

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