Gesundheits-Apps:Wenn die Kasse die Schritte zählt

Immer mehr Deutsche nutzen Fitness-Armbänder und Gesundheits-Apps. Die so gesammelten Daten interessieren die Versicherer.

Von Guido Bohsem, Berlin

Pulsuhren, Schrittmesser, Fitness-Programme: immer mehr Deutsche nutzen die vielfältigen Angebote zur Verbesserung ihrer Gesundheit, zur Vorsorge, zur Rauch-Entwöhnung, zum Abnehmen oder zum Messen ihrer sportlichen Erfolge. Etwa ein Drittel der Bundesbürger besitzt laut Branchenverband Bitcom entsprechende Armbänder oder nutzt die Funktion auf dem Smartphone.

Der Trend stellt die Gesundheitspolitik vor eine große Herausforderung. Angesichts von mehr als 100 000 Anwendungen sei es für Verbraucher und Ärzte schwer, zwischen guten und schlechten Anbietern zu unterscheiden, warnte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kürzlich bei der Vorstellung eines Gutachtens zum Bereich der Gesundheits-Apps. Viele der Programme arbeiten mit falschen oder unwissenschaftlichen Angaben. Andere messen falsch oder weisen deutliche Mängel bei der Sicherheit der Daten auf.

Eine einheitliche Regelung ist trotz erster Ansätze im E-Health-Gesetz nicht in Sicht. Die Grünen werfen Gröhe deshalb vor, sich zu wenig um das Thema zu kümmern. So sorgt sich die Gesundheitsexpertin Fraktion, Maria Klein-Schmeink, vor allem darum, dass gesetzliche und private Krankenkassen und immer stärker darauf setzen, die über Armbänder gemessenen Fitness-Daten ihrer Versicherten in Zukunft auswerten zu können. Einen entsprechenden Vorstoß hatte etwa der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, im Gespräch mit der SZ unternommen.

Mit Hilfe von Fitness-Armbändern könnten Versicherte vermessen werden, befürchten die Grünen

"Die Bundesregierung wird ihrer Verantwortung in keiner Weise gerecht", sagte Klein-Schmeink. Dies gelte insbesondere für den Bereich der privaten Krankenversicherung. Hier bestehe die Gefahr, dass Apps und Fitness-Armbänder die Versicherten bis ins kleinste Detail vermessen könnten. Dadurch werde der Solidargedanke in der PKV weiter ausgehöhlt.

Klein-Schmeink spielt damit auf ein Programm des Versicherungskonzerns Generali an. Beim Abschluss einer Versicherung gegen Berufsunfähigkeit oder einer Risikolebensversicherung kann man dort Vergünstigungen bekommen, wenn man etwa die Zahl seiner Schritte über sein Smartphone nachhalten lässt.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin ignoriert die Regierung die Herausforderungen durch die neuen Techniken. Sie verweist dabei auf die Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine kleine Anfrage.

Das Ressort betont darin mehrfach, keine Kenntnis über den Einsatz von Fitness-Armbändern etwa bei Bonus-Programmen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu haben. Es verweist dabei auf das Bundesversicherungsamt, das den den Kassen verboten hatte, Daten aus Apps oder Fitness-Trackern zu sammeln. Die Behörde hatte die daraus entstehenden Daten nicht als validen Nachweis für die Teilnahme an einem Bonus-Programm gewertet. Entsprechende Angebote wurden daraufhin eingestellt.

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