Gestopptes Passagierflugzeug: Syrien wirft Türkei "Luftpiraterie" vor

Die erzwungene Landung eines syrischen Passagierflugzeugs verstärkt die diplomatischen Spannungen zwischen Damaskus, Ankara und Moskau. Syriens Transportminister beschuldigt die Türkei der Piraterie, Russland fordert eine Erklärung. Nach Angaben der türkischen Regierung soll das Flugzeug russische Munition transportiert haben.

Turkish air force forces Syria passenger plane to land

Syrisches Passagierflugzeug in Ankara: Moskau dementiert Militärfracht.

(Foto: dpa)

Die erzwungene Landung einer syrischen Passagiermaschine in der Türkei führt zu diplomatischen Verwerfungen. Der syrische Transportminister Mahmud Saeed beschuldigte die Türkei, zivile Abkommen zu brechen und sich der "Luftpiraterie" schuldig zu machen. Dies berichtet ein libanesischer TV-Sender.

Syrische Staatsmedien warnten die Türkei unterdessen davor, "mit dem Feuer zu spielen". In der Zeitung Al-Thawra bezichtigte ein Kommentator die türkische Regierung, "ausländischen Zielen zu dienen".

Nach Angaben der Regierung in Ankara soll das am Mittwochabend von der türkischen Luftwaffe abgefangene Passagierflugzeug für Syrien bestimmte russische Munition geladen gehabt haben. Adressat der Lieferung sei das Verteidigungsministerium in Damaskus gewesen, sagte Ministerpräsident Tayyip Erdogan dem türkischen Fernsehsender NTV.. Die Munition stamme von einem russischen Hersteller.

Aus Moskau hieß es zuvor, es seien keine russischen Militärgüter an Bord gewesen. Ein ranghoher Vertreter der russischen Rüstungsexportindustrie sagte der Agentur Interfax: "Es waren keine Waffen oder irgendwelche Systeme oder Aggregate für Kampftechnik an Bord der Passagiermaschine - und sie konnten dort auch nicht sein." Zugleich sagte der namentlich nicht genannte Funktionär, dass Russland die militärtechnische Zusammenarbeit mit Syrien nicht beendet habe.

Was die türkischen Behörden genau gefunden haben, ist umstritten. Türkische Medien berichteten von einer 300 Kilogramm schweren Fracht, die für das syrische Verteidigungsministerium bestimmt gewesen sei. Darunter seien auch Ausrüstungsgegenstände, die als Bauteile für Raketen verwendet werden könnten, schrieb das türkische Nachrichtenportal Star.

Der staatliche türkische Fernsehsender TRT hatte berichtet, dass sich an Bord der syrischen Maschine offenbar auch militärische Kommunikationsgeräte befunden hätten. Die türkischen Behörden machten demnach noch keine Angaben, was für Gegenstände genau beschlagnahmt wurden. Es seien Teile gefunden worden, "die bei Zivilflügen nicht erlaubt sind", hatte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu am Mittwochabend gesagt.

Putin sagt Besuch ab

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters fordert Russland eine Erklärung zu dem Zwischenfall. Zugleich sagte Kremlchef Wladimir Putin eine für kommenden Montag geplante Türkeireise ab, wie sein Sprecher Dmitrij Peskow mitteilte. Nach offiziellen Angaben kann sich Putin wegen anderer Termine nicht mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen.

Die Zeitung Wedomosti zitierte indes einen Kremlbeamten mit den Worten, Putin wolle sich in dem eskalierenden Konflikt zwischen Damaskus und Ankara nicht auf eine Seite stellen. Das Außenministerium in Moskau teilte mit, Russland sei besorgt, dass Leben und Sicherheit der 17 russischen Bürger, die sich an Bord der Maschine befanden, gefährdet worden seien. Die türkischen Behörden sollten erklären, wie es zu der erzwungenen Landung kommen konnte und wie sich ähnliche Vorfälle in Zukunft verhindern ließen, forderte Ministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch.

Wie der türkische Energieminister Taner Yildiz gegenüber Reportern mitteilte, hat Syrien den Ankauf von Elektrizität von seinem türkischen Nachbarn gestoppt. "Seit einer Woche bezieht Syrien keine Energie mehr von der Türkei." Yildiz fügte hinzu, die Türkei wäre im Falle einer Anfrage Syriens, wieder Strom aus der Türkei zu kaufen, dazu bereit, zu liefern.

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