Gespräche in Berlin:Union und Grüne vereinbaren zweite Sondierungsrunde

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Sondierungsgespräche von Union und Grünen in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Nach dem Gespräch ist vor dem Gespräch: Die Liste der Streitpunkte ist lang. Doch Union und Grüne lassen sich dadurch offenbar nicht entmutigen. Sie wollen auch weiterhin darüber sprechen, ob sie Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Das sagte CDU-Generalsekretär Gröhe nach dem ersten Sondierungstreffen.

Die Entwicklungen im Newsblog. Von Antonie Rietzschel, Berlin, und Ronen Steinke

Die Türen wollten und wollten sich nicht öffnen. Angesichts der großen inhaltlichen Differenzen von CDU/CSU und Grünen hatten viele Journalisten ein schnelles Ende der Sondierungsgespräche in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin erwartet. Doch dann dauerte es drei Stunden, bis die Verhandlungsdelegationen der drei Parteien wieder durch die Flügeltür des Konferenzsaals traten.

Draußen wurden schon die Limousinen rangiert. Doch die Grünen hätten am liebsten noch weitergemacht. Wichtige Themen seien nur angerissen worden, sagten sie, so zum Beispiel die Ausgestaltung einer moralischen Asylpolitik. Und so ist das zentrale Ergebnis der ersten Sondierungsrunde zwischen Union und Grünen: Es wird weiter verhandelt, bei einem zweiten Termin in der kommenden Woche. "Wir haben die Kollegen von CDU und CSU gebeten, sich für diesen Tag keine Anschlusstermine zu legen", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. Man werde sehen, ob die sich daran halten.

Das Ergebnis des ersten Sondierungsgesprächs:

Union und Grüne haben ein zweites Sondierungsgespräch für die kommende Woche vereinbart. Das sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach der ersten Sondierungsrunde von CDU, CSU und Grünen in Berlin. Das erste Treffen hat nach den Worten der Teilnehmer in guter Atmosphäre stattgefunden. "Wir kennen uns ja. Es ist ja nicht die Begegnung der unheimlichen ersten Art", sagte Noch-Grünen-Chefin Claudia Roth. Das nächste Treffen findet am kommenden Dienstag statt.

  • Das sagt die Union: Man habe über die Europapolitik und einen stabilen Euro gesprochen sowie über die Energie-, Gesellschafts- und Integrationspolitik. Zudem sei Finanzpolitik angesprochen worden und in diesem Rahmen auch unter anderem der Investitionsbedarf in die Verkehrsinfrastruktur, sagte Gröhe. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, das Gespräch mit den Grünen sei nicht so verlaufen, dass man sich nicht wiedertreffen könnte, zog aber dennoch den wohl wenig überraschenden Schluss: "Der Weg von den Grünen zu uns ist etwas weiter als der Weg der SPD zu uns."
  • Das sagen die Grünen: Die Grünen-Parteichefs Cem Özdemir und Claudia Roth betonten, dass viele Punkte in dem gut dreistündigen Gespräch nur angerissen oder noch gar nicht angesprochen worden seien, so zum Beispiel Asylpolitik, Rüstungsexporte oder ein Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit. "In der Tat waren es sehr sachliche Gespräche", betonte aber auch Roth.

So sahen die Delegationen aus:

Verhandelten bei den ersten Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD noch zwei zahlenmäßig gleich starke Gruppen à sieben Personen miteinander, so war das politische Kräfteverhältnis beim Aufeinandertreffen von Schwarz und Grün an diesem Donnerstag schon an der Tischordnung ablesbar. Die Grünen kamen mit acht Delegierten. Die Union trat ihr 14-köpfig gegenüber.

  • Die Grünen: Neben Katrin Göring-Eckardt und ihrem Ko-Fraktionschef Anton Hofreiter waren auch die zwei alten Fahrensleute Claudia Roth und Jürgen Trittin dabei. Der Generalsekretär der CSU, Alexander Dobrindt, stichelte vor den Sondierungsgesprächen bereits, Trittin sei ein "Mann von gestern", von dem sich die Grünen "emanzipieren" müssten - was die Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke gleich empört zurückwies. Auch Lemke saß bei den Sondierungsgesprächen mit am Tisch. Ebenso wie Ko-Parteichef Cem Özdemir sowie aus den Ländern: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann.
  • Die Union: CDU/CSU gingen mit ihren zwei Partei- und Fraktionsspitzen in die Gespräche, die nach dem Wahlerfolg unumstritten fest im Sattel sitzen. Für die CDU waren das die Parteivorsitzende Angela Merkel, Generalsekretär Hermann Gröhe und Fraktionschef Volker Kauder. Für die CSU kamen Parteichef Horst Seehofer, Generalsekretär Alexander Dobrindt und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Aus dem (bisherigen) Bundeskabinett kamen Wolfgang Schäuble, Ronald Pofalla, Hans-Peter Friedrich, Peter Ramsauer und Ilse Aigner hinzu. Aus den Ländern zudem die beiden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (Sachsen) und Volker Bouffier (Hessen) sowie Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Die Knackpunkte:

  • Asylpolitik: Einen "Abgrund an Zynismus" hat Jürgen Trittin die Haltung des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) zur europäischen Flüchtlingspolitik genannt - just am Donnerstagmorgen, kurz bevor die Vertreter von Grünen und Union sich bei Sondierungsgesprächen gegenübersitzen werden.
  • Bildung: Die Grünen lehnen das von der CSU durchgesetzte Betreuungsgeld komplett ab und wollen es wieder abschaffen. Stattdessen fordern sie mehr Geld für den Kita-Ausbau, für Betreuung und Bildung. Die Union wird das Betreuungsgeld jedoch nicht preisgeben.
  • Rente: Beide Seiten streben bei der Rente eine Absicherung für langjährig Versicherte an. Allerdings gehen die Vorstellungen noch auseinander, wie die Voraussetzungen für diesen Schutz gegen Altersarmut aussehen sollen. Hinsichtlich der Unionsforderung nach einer Mütterrente hegen die Grünen Zweifel an der Finanzierbarkeit - sie wollen sie eine steuerfinanzierte Garantierente von 850 Euro.
  • Steuern: Steuererhöhungen werde es mit ihm nicht geben, hat CSU-Chef Horst Seehofer vorab lautstark erklärt. Darauf hätten die Bürger sein Wort. Die Grünen andererseits sind mit einem Steuerkonzept in den Wahlkampf gezogen, das Gutverdiener stärker in die Pflicht nimmt. Auch wenn sie inzwischen zurückrudern: Für dieses Programm haben die Grünen einen Wählerauftrag, nicht für ein anderes. Ein allzu plötzlicher Kursschwenk wäre schwierig.
  • Energiepolitik: Sie ist immer noch der größte Knackpunkt zwischen den Parteien. Während die Grünen ehrgeizigere Ziele für die Energiewende fordern, will die Union die Förderung erneuerbarer Energien zugunsten geringerer Strompreise beschneiden und bis auf weiteres an der Kohle festhalten.
© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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