Gesetzgebung:Wenn der Koch mit dem Steinbrück

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Das Bundesverfassungsgericht legt fest, was der Vermittlungsausschuss darf - und was eben nicht.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Vermittlungsausschuss ist zwar die Zentralinstanz für Kompromisse zwischen Bundestag und Bundesrat - eigenständige Gesetzesinitiativen darf er aber nicht einbringen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Uralt-Verfahren klargestellt. Danach bleibt der Ausschuss, der vom Bundesrat angerufen werden kann, strikt an die Grundlagen gebunden, die in Gesetzentwurf und Parlamentsdebatte gelegt worden sind. Seine Aufgabe sei es, die "jedenfalls im Ansatz sichtbar gewordenen politischen Meinungsverschiedenheiten" zwischen Bundestag und Bundesrat auszugleichen. "Es geht dagegen nicht um eine nochmalige freie Beratung des Gesetzgebungsvorschlags, zu dem diese unterschiedliche Positionen eingenommen haben", schreibt das Gericht.

Auslöser der Entscheidung ist unter anderem das sogenannte Koch-Steinbrück-Papier aus dem Jahr 2003; Roland Koch (CDU) war damals Ministerpräsident in Hessen, Peer Steinbrück (SPD) in Nordrhein-Westfalen. Die beiden Politiker platzten damals mit ihrem gut hundert Seiten starken Papier mitten in die Bemühungen der rot-grünen Regierung, einen Subventionsabbau im Haushaltsbegleitgesetz für 2004 zu verankern. Auf ihrer Liste standen unter anderem eine Erhöhung der Biersteuer für kleine Brauereien und die Verringerung des Steuerabzugs von Bewirtungsaufwendungen. Beides fand sich weder im Gesetzentwurf, noch war es im Detail Thema im Bundestag. Die Stunde des Papiers schlug erst im Vermittlungsausschuss, über den der Bundesrat die Vorschläge ins Gesetz einschleusen wollte - mit Erfolg.

Nach den Worten des Zweiten Senats sind die Regeln damit verfassungswidrig zustandegekommen. Was freilich ohne Folgen bleibt, weil die Paragrafen inzwischen überarbeitet wurden und der Fehler damit korrigiert wurde. Das Gericht klärt aber noch einmal ganz grundsätzlich die Rollenverteilung in der Gesetzgebung. Entscheidend ist demnach die Beratung im Bundestag. Erstens, weil nur dort alle Abgeordneten sich einbringen können. Und zweitens, weil die Debatte öffentlich ist, sodass dort eine Kontrolle durch die Bürger möglich ist. Der Vermittlungsausschuss dagegen sei an den Rahmen gebunden, den der Bundestag vorgebe. Das geht zwar über den Gesetzesentwurf hinaus, aber der Vorschlag des Ausschusses muss dem Bundestag aufgrund der dortigen Debatte "zurechenbar" sein.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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