Gesetzentwurf:Organspende nur nach Zustimmung

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Der Bundestag lehnt den Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn ab. Stattdessen sollen regelmäßige Abfragen und ein Online-Register die Zahl der Spender erhöhen.

Von Nico Fried, Berlin

In Deutschland wird auch künftig nur Organspender, wer vorher seine ausdrückliche Bereitschaft dazu bekundet hat. Allerdings soll mit regelmäßigen Abfragen und der Einrichtung eines Online-Registers die Zahl der potenziellen Organspender gesteigert werden. Der Bundestag stimmte am Donnerstag nach einer intensiven, aber respektvoll geführten Debatte mit deutlicher Mehrheit für den Gesetzentwurf einer Abgeordnetengruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Linken-Chefin Katja Kipping. Er sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger künftig bei Behörden und Ärzten für das Thema Organspende sensibilisiert werden sollen. Außerdem können sie ihre Bereitschaft zur Organspende in einem Online-Register festhalten lassen. Für den Entwurf stimmten 432 Abgeordnete, 200 waren dagegen. 37 enthielten sich.

Ein weiter gehendes Modell des SPDPolitikers Karl Lauterbach, dem sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angeschlossen hatte, war zuvor gescheitert. Es sah vor, dass jeder Bürger Organspender geworden wäre, wenn er dem nicht zuvor widersprochen hätte und zudem Angehörige keine Anhaltspunkte geltend gemacht hätten, dass ein Verstorbener gegen die Organentnahme gewesen wäre. Für diese sogenannte doppelte Widerspruchsregelung votierten in einer ersten Abstimmung 292 Abgeordnete, 379 waren dagegen. Zahlreiche Abgeordnete, die zunächst den gescheiterten Entwurf unterstützt hatten, dürften später für die moderatere Variante gestimmt haben, um überhaupt eine Veränderung der Gesetzeslage zu bewirken.

Die Katholische und die Evangelische Kirche in Deutschland begrüßten die Entscheidung des Bundestags. Sie setze "ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender medizinethischer und grundrechtlicher Prinzipien", auf denen das Wertefundament der Gesellschaft fuße, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV). Der Chef des großen diakonischen Trägers Bethel, Ulrich Pohl, zeigte sich dagegen enttäuscht. Es sei eine Chance vergeben worden, den betroffenen schwer kranken Menschen besser zu helfen als bisher.

Deutschland war 2019 mit 932 Organspendern Schlusslicht in Europa. Gesundheitsminister Spahn kündigte an, die beschlossenen Pläne als Minister trotz seiner Niederlage zügig umzusetzen. Beiden Gesetzentwürfen sei gemeinsam gewesen, dass sie die Bereitschaft zur Organspende erhöhen wollten. Nun gehe es unter anderem darum, noch mehr aufzuklären und ein Online-Register für Erklärungen zur Spende aufzubauen. In drei, vier oder fünf Jahren solle dann geprüft werden, ob sich an der Lage der Patienten, die auf Organe warten, tatsächlich etwas geändert habe. Spahn hob zugleich hervor, dass die Debatte über dieses Thema ein Wert an sich gewesen sei. Grünen-Chefin Annalena Baerbock setzt auf konkrete Verbesserungen bei Organspenden durch die vom Bundestag beschlossene Reform. "Das schafft Vertrauen für mehr Organspendezahlen in diesem Land", sagte sie nach der Abstimmung.

© SZ vom 17.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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