Süddeutsche Zeitung

Gesetzentwurf des Umweltministeriums:Bund schafft Grundlage für Atommüll-Exporte

Eine Gesetzesnovelle der Bundesregierung soll die Endlagerung von Nuklearabfällen im Ausland legalisieren. Das Umweltministerium weist jedoch den Verdacht zurück, es bereite den Export von Atommüll vor - ein Endlager in Deutschland werde kommen. Umweltschützer sprechen von einem "Dammbruch".

Von Michael Bauchmüller

Das Bundesumweltministerium schafft im deutschen Atomgesetz erstmals Grundlagen für die Endlagerung deutschen Atommülls im Ausland. Das geht aus einem Entwurf für die Gesetzesnovelle hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach soll ein neuer Paragraf die "Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Endlagerung" regeln. Die Ausfuhr von Atommüll würde damit ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik und einem Drittstaat erfordern. Für dortige Endlager sollten strenge Auflagen gelten. Umweltschützer sprachen am Donnerstag von einem "Dammbruch". Erstmals würden Ausfuhren von Atommüll so legalisiert.

Die Novelle soll eine europäische Richtlinie zur Atommülllagerung von 2011 umsetzen. Die Mitgliedstaaten vereinbarten darin Details einer Ausfuhr von Atommüll, ungeachtet heftiger Kritik aus Parlament und Kommission. Allerdings sah die EU-Richtlinie zumindest noch einen grundsätzlichen Vorrang für die Endlagerung im Herkunftsland des Atommülls vor: "Radioaktive Abfälle werden in dem Mitgliedstaat gelagert, in dem sie entstanden sind", heißt es darin. Erst dann folgen die Regelungen für einen potenziellen Export.

Die Atomgesetz-Novelle enthält diese Formulierung nicht. In der Begründung heißt es lediglich, "eine Verbringung zur Endlagerung im Ausland" sei "von der Bundesregierung nicht geplant". Gleichwohl argumentiert das Ministerium, es handele sich um eine "Eins-zu-Eins-Umsetzung" des fraglichen Passus der EU-Richtlinie.

Umweltschützer bestreiten dies. "Das entspricht nicht dem durch die Richtlinie intendierten Vorrang der Endlagerung im Inland", schreibt die Deutsche Umwelthilfe in einer Stellungnahme zu dem Gesetzesvorschlag. Vielmehr trete die Entsorgung deutschen Atommülls im Ausland "als eine mindestens gleichberechtigte Option" neben die Endlagerung im Inland. Ähnlich argumentiert der Widerstand im Wendland. "Der Atommülltransfer wird legalisiert", sagte Wolfgang Ehmke von der Anti-Gorleben-Vereinigung Bürgerinitiative Umweltschutz. "Das ist ein Dammbruch."

Ministerium bestreitet Pläne zum Atommüll-Export

Die Verbände hatten nur über die Weihnachtsfeiertage Zeit, Stellung zu dem Entwurf zu beziehen. Die Frist endet schon an diesem Freitag. Bitten um eine Verlängerung hatte das federführende Bundesumweltministerium abgelehnt. Der Zeitplan lasse dies nicht zu, beschied das Ministerium. Allerdings ist für die Umsetzung der Richtlinie noch bis Ende August Zeit.

Das Ministerium selbst wies am Donnerstag jeden Verdacht zurück, es bereite eine Ausfuhr von Atommüll vor. "Das Endlager für die in Deutschland entstandenen hochradioaktiven Abfälle wird in Deutschland gebaut werden", erklärte ein Ministeriumssprecher. "Das ist vollkommen klar." Auch obliege dem Bund nach dem Atomgesetz jetzt schon die Einrichtung eines Endlagers. Bund und Länder wollen nach der Niedersachsen-Wahl Ende des Monats erneut Gespräche über ein neues Endlagergesetz aufnehmen. Es soll die Grundlage für eine neue Standortsuche schaffen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1564448
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.01.2013/mane
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.