Gesetzentwurf des Justizministeriums:Symbolwörter gegen Hasskriminalität

Auch Jahre nach den NSU-Morden erhalten Bürger, die sich Neonazis entgegenstellen, nur wenig Hilfe. Ein Gesetzentwurf von Justizminister Maas soll das ändern. Doch ein paar neue Symbolwörter reichen nicht aus.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Der alltägliche gewalttätige Rassismus in Deutschland ist kein großes Thema geworden. Die Aufdeckung der Neonazi-Morde ist nun bald zweieinhalb Jahre her. In München läuft der Strafprozess wegen der Mordtaten.

Genügt das? Die Bürger, die sich Neonazis entgegenstellen, erhalten nach wie vor wenig Hilfe. Wenn Neonazis diesen couragierten Leuten zur Einschüchterung das Auto demolieren, wird das von der Polizei als normale Sachbeschädigung behandelt. Die Behörden tun so, als seien die NSU-Morde das eine, die alltäglichen Gewalttätigkeiten etwas ganz anderes.

Ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministers versucht, das zu ändern: Bei der Strafzumessung sollen nun ausdrücklich "rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende" Beweggründe berücksichtigt werden. Das ist gewiss richtig, wäre aber auch schon aufgrund geltenden Rechts möglich.

"Beweggründe und Ziele" sowie "die Gesinnung, die aus der Tat spricht", sind laut Paragraf 46 Strafgesetzbuch bei der Strafzumessung zu beachten. Aber was hilft das, wenn sie nicht ermittelt werden, weil die Ermittlungsbehörden dafür keinen Sinn, kein Gefühl oder keine Lust haben?

Sinn und Gefühl dafür gilt es zu wecken - nicht durch ein paar neue Symbolwörter im Gesetz, sondern durch Dienstanweisungen und Ermittlungsrichtlinien; notfalls durch klar bezifferte Strafverschärfungen bei Hasskriminalität.

© SZ vom 26.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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