Gesetze:Minister für gesellschaftlichen Wandel

Gesetze: Gewalttaten von Männern gegen Frauen dürften nicht bagatellisiert werden, sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann.

Gewalttaten von Männern gegen Frauen dürften nicht bagatellisiert werden, sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Frauenfeindliche Motive sollen in die Strafzumessung einfließen, das Transsexuellengesetz wird abgeschafft, Paragraf 219a ist es schon: Wie der Justizminister Buschmann seinen Regierungsauftrag abarbeitet.

Von Nina von Hardenberg

Kein Mann dürfe sich anmaßen, über das Leben einer Frau zu bestimmen, "im Jahr 2022 sollte das selbstverständlich sein", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Wochenende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Thema Gewalt gegen Frauen war damit noch einmal in der Welt - und auch, dass der Justizminister etwas dagegen tun will. Er will härter durchgreifen, will frauenfeindliche Motive beim Strafmaß berücksichtigt wissen.

Eine Tat kann schwerer wiegen, wenn der Täter aus menschenverachtenden Beweggründen handelt - so steht es schon heute in Paragraf 46 Strafgesetzbuch. Darunter fallen auch frauenfeindliche Motive. "Diese Vorgabe soll jedoch bekräftigt und verstärkt werden", heißt es in einem Referentenentwurf, der seit einigen Wochen in den Medien kursiert und laut Justizministerium diese Woche veröffentlicht wird. Demnach sollen auch "geschlechtsspezifische" und "gegen die sexuelle Orientierung gerichtete" Beweggründe explizit erwähnt werden. Die Änderung hatten die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart.

Einerseits arbeitet der FDP-Justizminister hier also nur die Agenda der Ampel für einen gesellschaftlichen Wandel ab. Andererseits tut er es mit besonderer Verve. Kein anderes Ressort steht so für den neuen gesellschaftspolitischen Sound der Ampel wie das Justizressort.

"Gewalttaten von Männern gegen Frauen dürfen nicht als private 'Tragödien' oder 'Eifersuchtsdramen' bagatellisiert werden", hob Buschmann hervor. Geschlechtsspezifische Gewalt müsse als solche benannt und mit der gebotenen Strenge bestraft werden, so der FDP-Politiker. Tatsächlich hat die Gewalt gegen Frauen in den vergangenen Jahren ständig zugenommen. Nach einer Sonderauswertung des Bundeskriminalamts zur Partnerschaftsgewalt stieg die Zahl solcher Delikte von 2017 bis 2020 um 6,6 Prozent auf zuletzt 148 031. Mehr als 80 Prozent der Opfer waren Frauen. Sie wurden von gegenwärtigen oder früheren Partnern geschlagen, bedroht, gestalkt oder vergewaltigt. 357 Mal versuchten Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten, 139 Frauen starben.

Die Ampelkoalition rüttelt am klassischen Familienbild

Der aktuelle Referentenentwurf bündelt verschiedene Themen. Unter anderem soll damit auch die Zeit verkürzt werden, die Menschen im Gefängnis absitzen müssen, weil sie eine Geldstrafe etwa wegen Schwarzfahrens nicht zahlen können. Der Minister lenkte nun aber noch einmal die Aufmerksamkeit auf diesen anderen Aspekt des geplanten Gesetztes, der ihm offensichtlich wichtig ist: "Jeden Tag erfahren Frauen Gewalt durch Männer - einfach nur, weil sie frei und selbstbestimmt leben wollen. Jeden Tag werden Frauen verletzt, traumatisiert oder sogar getötet - weil sie sich männlichem Herrschaftswahn widersetzen."

Buschmann versteht den Vorstoß als "Signal in die Gesellschaft". Wer aus männlichem Besitzdenken heraus Frauen angreife, "handelt unserer Werteordnung in besonders eklatanter Weise zuwider", sagte er. Signale an die Gesellschaft schickt sein Ressort in diesen Tagen öfter. Erst am 30. Juni hatte Buschmann gemeinsam mit Familienministerin Lisa Paus Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt, das noch in diesem Jahr das von vielen Betroffenen als diskriminierend empfundene Transsexuellengesetz ersetzen soll. Bereits verabschiedet ist die Abschaffung des Paragrafen 219a, der es Ärzten verbot, ihre Patienten auf der Webseite darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.

Die Ampelkoalition rüttelt außerdem am klassischen Familienbild. Auch andere Gruppen sollen künftig in guten und schlechten Zeiten füreinander eintreten können - Freunde etwa, Alten-WGs oder zum Beispiel lesbische und schwule Paare, die zu viert Kinder großziehen. Das Justizministerium mit Gesellschaftsveränderungsauftrag hat auch hier die Arbeit schon aufgenommen. Bis Ende des Jahres sollen Eckpunkte für ein entsprechendes rechtliches Konstrukt vorliegen.

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