Süddeutsche Zeitung

Geschäftsführer der Piratenpartei:Ponader provoziert mit Spendenaufruf

Erst hat Johannes Ponader öffentlichkeitswirksam auf seine ALG-II-Bezüge verzichtet, dann rief er Parteimitglieder auf, für seinen Lebensunterhalt zu spenden. Die Chefs der Jungen Piraten sind empört: Das Verhalten des politischen Geschäftsführers der Piratenpartei sei "untragbar".

Claudia Henzler

Wer träumt nicht davon: Jeden Monat füllt sich das Konto von selbst, kein Zwang, ins Büro zu gehen, man kann sich ausschließlich Dingen widmen, die Spaß machen. Beispielsweise kluge Kommentare zur Lage der Welt absetzen. Oder sich künstlerisch verwirklichen.

Für Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei, ist dieser Traum für 1000 bis 1500 Euro monatlich zu haben. Das reicht ihm nach eigener Aussage zum Leben. Er ist ein Verfechter des "bedingungslosen Grundeinkommens" (BGE), das die Partei fordert. Jeder soll so ein festes Monatseinkommen bekommen, wer mehr Geld braucht, muss arbeiten, darf das BGE aber behalten.

Ponader war Anfang Mai durch seinen Auftritt in der Talksendung von Günther Jauch bekannt geworden. Der damals neu gewählte politische Geschäftsführer der Piraten präsentierte sich dort mit bloßen Füßen in Trekkingsandalen und beschäftigte sich während der Gesprächsrunde immer wieder mit seinem Smartphone, um Kontakt mit der Parteibasis zu halten.

Der Einserabiturient bezeichnet sich als freiberuflicher "Gesellschaftsveränderer", Theaterpädagoge, Autor und Künstler. Er hat kein regelmäßiges Einkommen, weshalb er Arbeitslosengeld II bezog. In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe er sich aber überwiegend selbst finanziert, versicherte Ponader Anfang Juli in einem Aufsatz für die FAZ. Gleichzeitig inszenierte er öffentlichkeitswirksam seinen Verzicht auf Sozialleistungen. Er ertrage die "Gängelung durch die Jobcenter" nicht mehr.

Nun sammeln Parteifreunde Geld für das 1977 in München geborene Vorstandsmitglied. Nach dem Modell des "Crowdfunding" verpflichten sich Einzelne zu monatlichen Spenden, meist zwischen fünf und 50 Euro. Bisher haben sich 33 Zahlungswillige auf der Unterstützerliste eingetragen. 563 Euro monatlich kommen so zusammen.

Im Juli musste Ponader die Zuschüsse nicht abrufen, wie aus der entsprechenden Seite auf der Plattform "Piratenwiki" hervorgeht. Nur wenn seine eigenen Einkünfte nicht reichen, werde er auf das Treuhandkonto zugreifen. 200 Euro Autorenhonorar etwa habe es für den Jobcenter-Text in der FAZ gegeben, insgesamt werden seine Einnahmen im Juli auf 2556 Euro beziffert. 278 Euro wolle er der Partei überweisen.

Die Spendenaktion wird in der Partei heftig kritisiert. Umstritten ist dabei auch, ob Ponader mit der Aktion für das bedingungslose Grundeinkommen werben oder ein Modell aufzeigen will, wie sich Künstler und Kreative finanzieren können. Als Weg aus der Finanzmisere der Piratenpartei, die ihre Vorsitzenden gar nicht und ihre Mitarbeiter eher symbolisch bezahlt, ist sie offenbar nicht gedacht.

Der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Piraten sind der Ansicht, das Verhalten von Ponader sei "untragbar". Der politische Geschäftsführer nutze die eigene Position, um "persönliche Privilegien zu etablieren", heißt es in einer Stellungnahme. Wenn er der Ansicht sei, dass die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder des Parteivorstands bezahlt werden sollten, dann müsse er sich dafür einsetzen, fordern die Jung-Piraten. Ponader selbst will sich zurzeit nicht zu dem Thema äußern. Auch der Bundesvorstand hält sich zurück, Beisitzer Klaus Peukert warb in seinem Blog für Gelassenheit.

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SZ vom 22.08.2012/mahu
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