Geschäfte mit Pistolen:Waffenhandel zum Wohle des Haushalts

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Bundesländer verscherbeln Polizeiwaffen in die USA. Zwar kann keiner ausschließen, dass sie dort in falsche Hände geraten - doch das Geld ist hochwillkommen.

D. Graalmann

Politik ist bisweilen verwirrend. Einerseits wird gerade das Waffengesetz verschärft, anderseits versilbern manche Bundesländer weiter ihre ausrangierten Polizeiwaffen. So verscherbelte das Land Nordrhein-Westfalen zuletzt 36.000 nicht mehr benötigte Pistolen des Typs "SIG Sauer P6" zum Stückpreis von 93 Euro - unter der Auflage, dass sie in die USA exportiert werden. Der Verkauf wird über die bundeseigene Verwertungsgesellschaft Vebeg abgewickelt.

Polizeipistolen: Nordrhein-Westfalen verscherbelt die ausrangierten Waffen der Beamten. (Foto: Foto: dpa)

Seit 1951 versteigert die Vebeg überschüssige Artikel von Booten bis zum Bagger, insbesondere aus Bundeswehr-Beständen. Im Jahr 2007 flossen so etwa 100 Millionen Euro in öffentliche Kassen. Die alten Pistolen aber werden nicht per öffentlicher Auktion veräußert: "Wir bieten sie lizenzierten Waffenhändlern und Waffenherstellern per Direkt-Mailing an", sagt Prokurist Volkmar Kunert. "Mehr gibt's dazu nicht zu sagen".

Zersägt und verschrottet

Doch diese Praxis, seit Jahrzehnten üblich, stößt nun auf Kritik. Die oppositionellen Grünen im Düsseldorfer Landtag fordern, "den staatlichen Waffenhandel zu verbieten". Man wolle "auch ein Zeichen setzen, dass der Staat nicht lax damit umgeht", sagte Monika Düker, Innenexpertin der Grünen, der SZ. Angesichts der liberalen Waffengesetze in den USA könne "niemand garantieren, dass diese Pistolen später nicht in falsche Hände geraten". Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt, CDU und FDP warfen ihnen mit Verweis auf die Verkaufspraxis in ihrer Regierungszeit "Heuchelei" vor. Man müsse auch eigene Entscheidungen später infrage stellen dürfen, sagt Düker. "Es war damals falsch, und es ist heute falsch."

Dagegen verteidigte der CDU-Politiker Werner Lohn die Praxis: "Das ist legal, legitim und keinesfalls unmoralisch." Mit dem Verkauf in die USA seien die Waffen vom deutschen Markt, eine zusätzliche Gefährdung liege nicht vor. Zudem dürfe man "in Zeiten der Finanzkrise auch betonen, dass wir diese 3,5 Millionen Euro gut gebrauchen können."

Auch Niedersachsen bessert seine Kasse auf

Andere Länder wie Bayern, Thüringen oder Baden-Württemberg scheinen auf das Geld verzichten zu können - dort werden die Waffen nicht veräußert, sondern zumeist zersägt und verschrottet. Neben NRW bessert auch Niedersachsen seine Kasse auf. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) verteidigte sich mit Verweis auf die Haushaltsordnung: "Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, es anders zu machen." Im entsprechenden Paragrafen 63 steht jedoch lediglich, dass Gegenstände veräußert werden "dürfen".

Noch am 5. Juni hatten Schünemann und NRW-Kollege Wolf auf der Innenminister-Konferenz einmütig den Beschluss gefasst, dass es angesichts der Amoktat von Winnenden "erforderlich" sei, "die Verfügbarkeit von Schusswaffen zu begrenzen". Das aber, entgegnete Wolf nun, beziehe sich etwa auf den Verkauf von Waffen an Sportschützen. Die Frage der Altwaffen, so Wolf, "ist dort zu keinem Zeitpunkt debattiert worden".

© SZ vom 27.06.2009/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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