Der Auftritt von Andrea Nahles ist erst eine Woche alt - und doch schon legendär. In der letzten Sitzung des Bundestags vor der Wahl begann die SPD-Generalsekretärin am Rednerpult auf einmal zu singen. Zuvor hatte die Kanzlerin die schwarz-gelbe Regierung über den Klee gelobt - und Nahles damit offensichtlich ziemlich erregt. Die Selbsteinschätzungen der Kanzlerin hätten sie an das Gute-Nacht-Lied erinnert, das sie ihrer Tochter in diesen Wochen häufig vorsinge, sagte die SPD-Generalsekretärin. Und dann trällerte sie mehr schlecht als recht: "Da-da-di-da-daa-daa - ich mach mir die Welt, wide wide wie sie mir gefällt."
Die Episode hat jetzt ein nicht minder skurriles Nachspiel. Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann sah sich bemüßigt, wegen der Gesangseinlage eine Anfrage zu stellen: "Wie steht die Bundesregierung zu dem seitens der Abgeordneten Nahles in ihrem melodischen Redebeitrag . . . geäußerten Vorwurf, es gebe Parallelen zwischen dem Agieren der Bundesregierung . . . und den Handlungsabsichten und Verhaltensweisen der Figur Pippi Langstrumpf?"
Nun ist das Bundeskanzleramt normalerweise kein Hort von Scherzbolden. Aber Staatsminister Eckart von Klaeden wollte sich die Vorlage nicht entgehen lassen. Und so schrieb Klaeden am Mittwoch folgende Antwort an Zimmermann: "Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf hat in der Bundesregierung viele Fans." Im deutschen Wikipedia-Eintrag heiße es zutreffend, Pippi Langstrumpf vereinige viele Eigenschaften in sich, die sich Kinder wünschten. So habe sie ein eigenes Pferd, lebe allein in einem eigenen Haus, der Villa Kunterbunt, und sei sehr mutig. Pippi Langstrumpf gelte außerdem als literarisches Vorbild für die Frauenbewegung und den Feminismus, zeige das Buch doch ein Mädchen, das mit der "gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrolle bricht". Das Werk habe "Generationen von Mädchen ermuntert, Spaß zu haben und an die eigenen Fähigkeiten zu glauben".
Und dann schließt Klaeden seinen Brief mit dem Satz: "Die Bundesregierung dankt der Abgeordneten Andrea Nahles für das möglicherweise unbeabsichtigte Kompliment und sieht weder den Ruf von Pippi Langstrumpf noch den der Bundesregierung durch die Gesangseinlage beeinträchtigt."
