Gerüchte um NSA-Aktivitäten:Norwegens Geheimdienst will Daten selbst gesammelt haben

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Haben die Journalisten "etwas falsch verstanden"? Norwegische Behörden weisen einen Medienbericht zurück, wonach US-Geheimdienste auch in Norwegen massenhaft Daten sammeln.

Frankreich, Spanien, Brasilien und Indien: in all diesen Ländern soll der US-amerikanische Geheimdienst NSA Millionen E-Mails und Telefonate überwacht haben. Gehört Norwegen auch in die Liste der Länder, in denen die Kommunikationsdaten massenhaft ausspioniert wurden?

Das jedenfalls schrieb die norwegische Zeitung Dagbladet. Das Blatt berief sich auf Dokumente des Informanten Edward Snowden, nach denen zwischen Anfang Dezember 2012 und Anfang Januar 2013 fast 33,2 Telefonverbindungen vom US-Geheimdienst NSA angezapft worden seien. Das entspräche nach Angaben der norwegischen Datenschutzbehörde zehn Prozent aller Telefonate, die innerhalb eines Monats in Norwegen geführt werden. Vor diesem Zeitraum könnte es zudem weitere Ausspähaktionen gegeben haben. Dem Bericht zufolge speicherte die NSA zwar nicht den Inhalt der Gespräche, wohl aber Informationen wie die Gesprächsdauer, Telefonnummern und Aufenthaltsorte der Beteiligten.

Jetzt haben Norwegens Behörden den Medienbericht zurückgewiesen. Militärgeheimdienst-Chef Kjell Grandhagen sagte, die Gespräche seien vielmehr im Ausland von norwegischen Sicherheitsdiensten ausgespäht worden. Die Erkenntnisse seien anschließend an die USA weitergeleitet worden, so Grandhagen. Die für die Enthüllungen verantwortliche norwegische Zeitung relativierte daraufhin ihre Vorwürfe.

Grandhagen bezeichnete den Bericht auf einer Pressekonferenz als "nicht korrekt", zumal ihm "keine Informationen vorliegen, die darauf hindeuten würden, dass die Amerikaner solche Aktionen in Norwegen und gegen Norwegen ausführen". Vielmehr hätten die norwegischen Dienste selbst Kommunikationsdaten ausgespäht, um Militäreinsatze und den Kampf gegen "den internationalen Terrorismus" zu unterstützen.

Ex-Guardian-Journalist Greenwald hält an Berichten fest

Auch Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg, die am Mittwoch bei Kanzlerin Angela Merkel in Berlin zu Besuch ist, versicherte, dass sich die Zeitung geirrt habe. Sie gab aber zu, dass die betroffenen Telefonate zwar nicht in Norwegen, jedoch in Afghanistan überwacht worden seien. Dies sei "völlig legitim". Deshalb sollten sich "alle etwas beruhigen" und "an die Fakten halten", riet sie.

Dagbladet -Chefredakteur John Arne Markussen sagte dem Sender NRK, dass seine Zeitung "vielleicht etwas falsch verstanden" habe, die Vorwürfe aber möglicherweise trotzdem zutreffen könnten. Die beiden großen norwegischen Telefongesellschaften Telenor und Netcom beteuerten ihrerseits, sie hätten keine Verbindungsdaten weitergegeben. Eine Sprecherin der US-Botschaft in Oslo sagte, sie könne sich nicht zu einzelnen Geheimdienstaktivitäten äußern. Die USA sammelten aber "wie alle anderen Ländern auch" Daten.

Der ehemalige Guardian-Journalist Glenn Greenwald, der ursprünglich die ersten Dokumente Snowdens veröffentlicht hatte, kündigte weitere Unterlagen zur Ausspähung von Norwegern an. Entgegen der Behauptung Grandhagens schrieb Greenwald auf Twitter, dass sich die Aktivitäten der NSA explizit gegen Norwegen richteten.

Die Vereinigten Staaten stehen wegen einer Reihe von Spähaktivitäten der NSA seit Monaten international in der Kritik. Der Geheimdienst ließ laut zahlreichen mit Snowdens Dokumenten untermauerten Berichten E-Mails und Telefonate überwachen, unter anderem die Kommunikation von etwa 35 internationalen Spitzenpolitikern. Auch das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel soll von der NSA angezapft worden sein. US-Außenminister John Kerry räumte Anfang November ein, dass Washington "in einigen Fällen zu weit" gegangen sei.

© Süddeutsche.de/AFP/ebri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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