Süddeutsche Zeitung

Gerichtsurteil gegen Pussy Riot:Russische Polizei fahndet nach weiteren Bandmitgliedern

Drei Frauen sind bereits zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Jetzt sucht die russische Polizei nach weiteren Mitgliedern der Punkband Pussy Riot. Die Musikerinnen bekommen Unterstützung vom Hacker-Kollektiv Anonymous - und wollen ihren Bandnamen als Marke schützen lassen.

Die russische Justiz geht weiter gegen Mitglieder der Punkband Pussy Riot vor. Die Polizei habe die bislang noch anonymen Mitglieder der Gruppe zur Fahndung ausgeschrieben, berichtete die russische Zeitung RBK Daily.

Fünf Frauen in bunten Häkelmasken hatten im Februar in der wichtigsten Kathedrale Moskaus eine Protestaktion gegen den damaligen Ministerpräsidenten Wladimir Putin veranstaltet. Anschließend wurden aber nur drei Frauen festgenommen und am verganenen Freitag zu zwei Jahren Lagerhaft wegen "Rowdytums aus religiösem Hass" verurteilt. Medienberichten zufolge besteht die Gruppe sogar aus mehr als fünf Mitgliedern. Die Polizei hatte mitgeteilt, sie versuche, die Identität und den Aufenthaltsort mehrerer Frauen zu ermitteln.

Die Verteidiger der Bandmitglieder kritisierten, dass während der Ermittlungen gegen die verurteilten Frauen nicht nach weiteren Mitgliedern der Band gefahndet wurde. Die Entscheidung der Moskauer Polizei sei "vollkommen fieberhaft", sagte Anwalt Mark Fejgin. Aus Sicht von Jurij Kostanow von der Moskauer Anwaltskammer gibt es keine Grundlage für ein weiteres Verfahren. "Aus Sicht eines verständigen Juristen gibt es Null Perspektiven, aber aus Sicht eines von rechtlichem Zynismus befallenen Staats können sie für alles auf der Welt verurteilt werden", sagte er laut RBK Daily. Auch im Prozess der vergangenen Woche ist nach seiner Auffassung ein "ungerechtes Urteil" gefällt worden.

Pussy Riot lässt Namen als Marke schützen

Ein Mitglied der Band hat grobe Misshandlung durch einen Polizisten beklagt. Nach der Verurteilung zu zwei Jahren Haft habe der Beamte sie zunächst mit Schimpfworten zur Eile angetrieben und ihr dann den Arm verdreht. Das berichtete Maria Aljochina (24) in einem Brief aus dem Gefängnis, den ihr Anwalt Nikolai Polosow am Dienstag auf seinem Internetblog veröffentlichte. Es sei der erste körperliche Übergriff gegen die drei Aktivistinnen gewesen, schrieb Aljochina.

Die Ankündigung der Polizei, nach weiteren Bandmitgliedern zu fahnden, kann als Warnung an die Gruppe verstanden werden, die ihren Protest gegen die Staatsmacht weiter fortsetzt. Zuletzt hatte Pussy Riot am Freitag ein neues Putin-kritisches Lied veröffentlicht. Die Band lässt außerdem ihren Namen als Markenzeichen schützen. Leider gebe es Menschen, die den Namen für ihre dubiosen Projekte nutzen oder der Gruppe schaden wollten, sagte Anwalt Mark Fejgin der Agentur Interfax.

Anonymous bekennt sich zu Hackerangriff

Derweil legten Hacker laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax kurzzeitig die Internetseite des Chamowniki-Gerichts in Moskau lahm, in dem den Pussy-Riot-Frauen der Prozess gemacht worden war. "Freiheit für Pussy Riot" war am Dienstagmorgen auf der Startseite des Gerichts zu lesen. Dazu luden sie das neue Lied der Punkband hoch. Zu der Aktion bekannte sich die internationale Hackergruppe Anonymous über den Kurznachrichtendienst Twitter.

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