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Ägypten:Verfahren gegen Al-Jazeera-Reporter wird neu aufgerollt

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Gericht in Kairo hebt Verurteilung dreier Journalisten auf

Der Prozess gegen drei in Ägypten inhaftierte Journalisten des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera wird neu aufgerollt. Das oberste Gericht in Kairo gab einem Berufungsgesuch statt. Es hob die langjährigen Haftstrafen auf und ordnete ein neues Verfahren an. Zuvor hatte es eine kurze Anhörung gegeben.

Ein neues Verfahren soll innerhalb eines Monats eröffnet werden, meldet die britische BBC. Bis dahin müssten die drei Journalisten allerdings hinter Gittern bleiben. Zuletzt war spekuliert worden, dass Präsident Abdel Fattah Al-Sissi die drei begnadigen oder ausweisen lassen könnte.

Das Urteil vom Juni

Die drei Journalisten waren im Juni zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren verurteilt worden.Die Anklage hatte den Journalisten vorgeworfen, die als Terrorgruppe eingestuften Muslimbrüder unterstützt und Lügen über die Regierung verbreitet zu haben. Bei den Verurteilten handelt es sich um den australischen Korrespondenten Peter Greste, den Kairoer Al-Jazeera-Bürochef Mohamed Fahmy - einen Kanadier mit ägyptischen Wurzeln - sowie den ägyptischen Sendeleiter Baher Mohammed. Sie hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Das Urteil stieß international auf scharfe Kritik. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hatte nach dem Urteil von einem "Tiefschlag für die Pressefreiheit" gesprochen. Die Journalisten waren Ende 2013 in Kairo in einem Hotelzimmer festgenommen worden, das sie als Büro nutzten.

Reaktionen von Al Jazeera und Angehörigen

Ein Sprecher von Al Jazeera betonte nach dem Urteil, die drei Journalisten seien bereits seit mehr als einem Jahr ohne Grund im Gefängnis. Nun hätten die ägyptischen Behörden die Wahl: Sie könnten die drei Männer schnell auf freien Fuß setzen - oder mit ihrer bisherigen ungerechten Linie fortfahren. "Sie sollten das erstere Wählen", sagte er der BBC zufolge.

Angehörige der immer noch inhaftierten Reporter reagierten enttäuscht. Der Gerichtsentscheid sei "nicht so positiv, wie wir gehofft hatten", sagte Grestes Mutter dem britischen Sender. "Wir hofften auf mehr", sagte auch Fahmys Bruder.

Grestes Anwalt sagte der BBC hingegen, die Entscheidung sei zwar keine komplette Rehabilitation. Doch sie zeige, dass der ursprüngliche Prozess Schwachstellen gehabt habe.

Ägyptens Regierung und Al Jazeera

Al Jazeera gilt in Ägypten als Sprachrohr der Muslimbrüder. Der Sender sitzt in der Hauptstadt des Golfemirats Katar, das lange einer der wichtigsten Unterstützer der Islamisten war. Die Regierung in Kairo geht seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi Mitte 2013 massiv gegen die Muslimbrüder vor. Die Gruppe ist in Ägypten als Terrororganisation eingestuft.

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