Krieg in der Ukraine:Gazprom-Aufsichtsrat ohne Schröder

Krieg in der Ukraine: Hört bei Gazprom auf: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), hier 2017.

Hört bei Gazprom auf: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), hier 2017.

(Foto: Olga Maltseva/AFP)

Der frühere Bundeskanzler verzichtet auf einen Posten im Kontrollgremium des russischen Energiekonzerns. Worte des Bedauerns findet der Gas-Lobbyist jedoch nicht

Noch lange nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hatte er sich stur gestellt, alle Kritik abprallen lassen und sein Engagement für Moskaus Energiekonzerne als Privatsache hingestellt. Auch jetzt ist kein Wort des Bedauerns zu hören, aber die Rolle des prominentesten Gas-Lobbyisten Putins scheint er doch nicht mehr spielen zu wollen: Altkanzler Gerhard Schröder lehnt die Nominierung für einen Sitz im Aufsichtsrat des russischen Gasriesen Gazprom ab.

"Auf die Nominierung in den Aufsichtsrat von Gazprom habe ich schon vor längerer Zeit verzichtet. Dieses habe ich dem Unternehmen auch mitgeteilt", teilte der Sozialdemokrat, der von 1998 bis 2005 Bundeskanzler war, am Dienstagabend über das Karriere-Netzwerk Linkedin mit. "Insofern wundere ich mich über heute neu erschienene anderslautende Berichte." Die Authentizität des Beitrags wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Schröders Umfeld bestätigt.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass seine Nominierung noch aktuell sei. Im Februar erst, kurz vor Beginn des Krieges, hatte das Unternehmen Schröder als neues Mitglied in dem Gremium vorgeschlagen. Der russische Staatskonzern nominierte am Dienstag Landwirtschaftsminister Dmitry Patruschew für einen Sitz im Aufsichtsrat.

Es ist ein weiterer Abschied aus Putins Energie-Konglomerat

Schröders Weigerung, selbst während des Krieges seine engen geschäftlichen Bindungen zu Russland zu lösen, hatte eine Welle öffentlicher Empörung und einen massiven Konflikt mit seiner Partei provoziert. Schröder ist mit dem russischen Präsident Wladimir Putin persönlich befreundet. Über Jahre nahm er verschiedene Aufgaben für große russische Energiekonzerne wahr, so einen Sitz im Aufsichtsrat des Energiekonzerns Rosneft sowie Tätigkeiten für die Gazprom-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2. Parteiübergreifend war dem 78-Jährigen vorgeworfen worden, hoch dotierte Posten in russischen Staatsunternehmen zu besetzen, während die Europäische Union mit Sanktionen versucht, auch die russische Wirtschaft zu treffen, um auf diesem Weg der Ukraine zu helfen.

Schröders Äußerungen in der New York Times von Ende April ("Ich mache jetzt nicht auf mea culpa. Das ist nicht mein Ding.") hatten wenig dazu beigetragen, seine zahlreichen Kritiker zu besänftigen - zumal er damals die Zukunft seines Russland-Engagements noch teilweise offen ließ und warnte, man könne ein so großes Land nicht langfristig isolieren. Bundeskanzler Olaf Scholz, ebenfalls SPD, hatte Schröder aufgefordert, nicht mehr für die russischen Konzerne zu arbeiten, und viele Sozialdemokraten verlangten den Austritt oder sogar den Ausschluss des Altkanzlers aus der Partei. Mehrere enge Mitarbeiter Schröders hatten von sich aus gekündigt.

Der Altkanzler hatte seinen Posten im Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft bereits in der vergangenen Woche aufgegeben. Wegen seines Russland-Engagements verlor Schröder auch die Altkanzlern zustehenden Privilegien. Der Haushaltausschuss des Bundestages beschloss vor wenigen Tagen, dass sein Büro mit zuletzt vier Beschäftigten abgewickelt wird. Das Europaparlament will Schröder auf die Sanktionsliste gegen Oligarchen setzen.

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