Altkanzler:"Schröder ist nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig"

Altkanzler Gerhard Schröder wird von vielen in der SPD als Parteimitglied für nicht mehr tragbar gehalten.

Altkanzler Gerhard Schröder wird von vielen in der SPD auch als Parteimitglied für nicht mehr tragbar gehalten.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Der Altkanzler arbeite nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik, heißt es im Haushaltsausschuss. Schröders Büro soll deshalb auf "ruhend gestellt" werden, seine Versorgungsbezüge und der Personenschutz bleiben ihm jedoch erhalten.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Mit der eigenen Partei hat er es sich gründlich verdorben, denn auf seinen Posten als Aufsichtsratschef beim russischen Energiekonzern Rosneft will er nicht verzichten. Auch von Wladimir Putin möchte der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nicht öffentlich abrücken, Ukraine-Krieg hin oder her. Nun will die Koalition ihm seine staatlich finanzierten Mitarbeiter und Arbeitsräume streichen.

"Gerhard Schröder nimmt keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler mehr wahr. Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers", erklärten die haushaltspolitischen Sprecher Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) am Mittwoch in Berlin. Bei Schröders Ruhegehalt und beim Personenschutz soll es aber bleiben.

Am Donnerstag will der Haushaltausschuss des Bundestags nun eine in der Bundesrepublik bislang nie gekannte Aberkennung von Kanzler-Privilegien beschließen. Schröders Büro werde "ruhend gestellt", heißt es in einem Beschlusspapier. Eine Stelle aus dem fünfköpfigen Team, auf das der Ex-Kanzler Anspruch hatte, ist bereits weggefallen. Die übrigen Mitarbeiter hatten ihre Tätigkeit nach dem russischen Angriff auf die Ukraine niedergelegt. Sie sollen nun die Aufgaben des Büros abwickeln, ihre Stellen sollen nicht mehr nachbesetzt werden. Die Haushälter der Koalition fordern die Bundesregierung zudem auf, für alle aus dem Amt ausgeschiedenen Kanzler und Kanzlerinnen eine gesetzliche Regelung zu treffen, wonach die Amtsausstattung und Finanzierung von Arbeitsräumen und Personal "nach der fortwirkenden Verpflichtung aus dem Amt erfolgt und nicht statusbezogen".

Bundeskanzler Scholz hatte die Tätigkeiten Schröders als untragbar bezeichnet

Mit anderen Worten heißt das: Nur wer sich nach dem Ausscheiden aus dem Amt auch tatsächlich für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland einsetzt, soll das lebenslange Kanzler-Privileg staatlich finanzierter Büroräume und eines Mitarbeiterstabes genießen. Schröders Tätigkeiten der vergangenen Monate und Jahre sind nach Auffassung der Koalition nicht als ein solches Engagement zu betrachten. Der Altkanzler soll seit Monaten nicht mehr in seinem Büro Unter den Linden gewesen sein, heißt es in Berlin. Aufgaben wie das Halten von Reden oder der Besuch von Staatsbegräbnissen im Ausland seien ihm nicht übertragen worden.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Tätigkeit seines Parteifreundes im russischen Gasgeschäft bereits vor zwei Wochen als untragbar bezeichnet. Schröder hat nach dem Ende seiner Kanzlerschaft im Jahr 2005 unter anderem Aufgaben für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den staatlichen Energiekonzern Rosneft übernommen. Trotz scharfer Kritik nach dem Angriff auf die Ukraine wollte er seinen Aufsichtsratsposten bei Rosneft nicht niederlegen. Inzwischen gibt es mehr als ein Dutzend Anträge in der SPD, ihn aus der Partei auszuschließen.

Am Dienstag hatte auch die Union gefordert, Schröder seine Privilegien als Altkanzler zu entziehen. Sie war sogar noch weiter gegangen als die Koalitionsparteien und hatte gefordert, dem ehemaligen Regierungschef auch die Haushaltsmittel für Versorgungsleistungen und Reisekosten zu streichen. Bis auf den Personenschutz wären damit nahezu alle Versorgungsleistungen als Altkanzler weggefallen. Die Haushälter der Koalition lehnten dies jedoch ab, auch aus juristischen Gründen.

"Gerhard Schröder ist nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland", sagte der grüne Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler. Man habe für das Problem nun "eine sinnvolle und rechtssichere Lösung gefunden". Sie sei aber nicht nur für den Einzelfall tauglich, sondern von grundsätzlicher Natur: "Wer keine Aufgaben mehr für die Bundesrepublik übernimmt, braucht auch keine Amtsausstattung mehr." Bis 1. November soll die Bundesregierung dem Parlament rückmelden, was in der Sache veranlasst worden ist.

Zur SZ-Startseite
Altkanzler Gerhard Schröder wird von vielen in der SPD als Parteimitglied für nicht mehr tragbar gehalten.

Altkanzler
:Union will Schröder die Amtsausstattung streichen

Mitarbeiter, Büro und Reisekosten: Geht es nach CDU und CSU, soll der Altkanzler wegen seiner Kremlnähe fast alle Privilegien verlieren. Die Ampelkoalition plant prinzipielle Änderungen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: