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Geplante Umbenennung des Landes:Mexiko soll bald ... Mexiko heißen

Felipe Calderón wird in wenigen Tagen nicht mehr Mexikos Präsident sein. Davor hat er noch ein wichtiges Anliegen: Er will die "Vereinigten Staaten" aus Mexiko entfernen - wenn auch nur aus dem Namen. Im spanischsprachigen Internet sorgt die Idee für Spott.

Felicitas Kock

Mexikos Präsident Felipe Calderón kann einen traurigen Rekord vorweisen: 47.000 Menschen wurden offiziellen Angaben zufolge während seiner Amtszeit im Drogenkrieg getötet, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Allein im Jahr 2011 starben wohl mehr als 12.000 Menschen - fünf Jahre zuvor waren es nur knapp über 2000. Manche schreiben die schockierenden Zahlen dem Kampf Calderóns gegen die Drogenkriminalität zu, andere erkennen darin die Macht der Kartelle.

Doch es sind nicht Zahlen, für die Calderón im Gedächtnis bleiben will, wenn er in wenigen Tagen aus dem Amt scheidet, sondern Buchstaben. Ganze 16 davon will er aus dem Namen seines Landes kürzen: Die "Vereinigten Staaten" sollen aus den "Estados Unidos Mexicanos", den Vereinigten Mexikanischen Staaten, herausfallen. Bleiben soll nur "Mexico".

Bereits 2003 versuchte Calderón, damals noch einfacher Kongressabgeordneter, die Namensänderung durchzusetzen. Sein Anliegen schaffte es allerdings nicht bis zur Abstimmung. Jetzt will der 70-Jährige den Vorschlag erneut einbringen.

Gespanntes Verhältnis zwischen den Nachbarn

"Mexikos Name ist Mexiko", sagte der Präsident im Rahmen einer Pressekonferenz, "wir Mexikaner hier in Mexiko und in der Welt sprechen von Mexiko als unserem Vaterland". Tatsächlich ist der Zusatz "Vereinigte Staaten" nur noch auf offiziellen Dokumenten, staatlichen Papieren und Geldscheinen zu lesen.

Calderón führt vor allem emotionale Gründe für die Umbenennung an. Als sein Land nach der Unabhängigkeit von Spanien im Jahr 1824 den Namen "Estados Unidos Mexicanos" erhielt, sollte darin die Anlehnung an den Nachbarn im Norden, an die "United States of America", anklingen.

Doch mit der Beziehung steht es aktuell nicht zum Besten. Auf 1125 Kilometern trennt ein riesiger Zaun die beiden Staaten, das große, verhältnismäßig reiche Land im Norden blickt weiterhin auf den kleineren, ärmeren Nachbarn im Süden herab. Eine Umfrage aus dem Mai kam zu dem Schluss, dass die Hälfte der Amerikaner negativ gegenüber Mexiko eingestellt sind. Viele von ihnen empfinden das Land als extrem unsicher und gefährlich.

Umgekehrt sind die USA für viele Mexikaner nach wie vor ein Land, das eine außergewöhnliche Anziehungskraft auswirkt. Zehntausende versuchen jedes Jahr, über die Grenze in den Norden zu gelangen. Amerikanische Produkte, ganz gleich ob es sich dabei um elektronische Geräte oder kitschige Fernsehsendungen handelt, werden oft mit Begeisterung aufgenommen.

Möwe statt Adler im Wappen

Calderón will nun, dass sich seine Landsleute wieder mehr auf ihre eigenen Stärken konzentrieren. Der Name "Mexiko" bietet sich dafür an - er stammt von den Mexicas (Azteken), deren Hauptstadt Tenochtitlán dort lag, wo sich heute die Hauptstadt Mexiko-Stadt befindet. "So klangvoll und schön ist der Name unseres großen Landes", sagte der Präsident, dass kein anderes Land kopiert werden müsse. Mexiko brauche einen Namen "den wir singen, der uns glücklich macht, mit dem wir uns identifizieren und der uns mit Stolz erfüllt".

So viel Pathos Calderón in seine Rede legte, so sehr wird er in sozialen Netzwerken für die Neuauflage seiner alten Idee verhöhnt: "Calderón sollte sich lieber für die 80.000 Toten entschuldigen und nicht den Names des Landes ändern" schreibt etwa der Twitternutzer @fabriziomejia. @politicosmex fragt, ob die Regierung den Adler im Wappen Mexikos nicht lieber durch eine Möwe ersetzen wolle - und @Ignaciorobles schlägt vor, das Land stattdessen in Anspielung auf die mexikanische Volksmusik in "Mariachiland" umzubenennen.

Ob der Antrag des Präsidenten diesmal angenommen wird, ist sowieso fraglich. Die Namensänderung macht eine Verfassungsänderung erforderlich, der beide Kammern des Kongresses zustimmen müssen. Zudem müsste eine Mehrheit der 31 mexikanischen Teilstaaten ihr Einverständnis erklären. Calderón selbst muss sein Amt am 1. Dezember an seinen Nachfolger Enrique Peña Nieto weitergeben - die Zeit wird also knapp.

(Mit Material der dpa)

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