Georgien:Der Ex-Präsident verweigert das Essen

Georgiens Ex-Präsident Saakaschwili

Michail Saakaschwili war einst Präsident. Jetzt ist er Häftling und im Hungerstreik. Und hat angekündigt, er sei bereit zu sterben.

(Foto: Efrem Lukatsky/dpa)

Michail Saakaschwili hatte auf eine triumphale Rückkehr in seine Heimat gehofft, doch er landete wegen eines Haftbefehls im Gefängnis. Seit Wochen ist er im Hungerstreik - und fordert die Regierung heraus.

Von Frank Nienhuysen

Er ist schwach und angeschlagen, seine Blutwerte galten vor einer Transfusion als bedenklich, und doch ist er auch liegend kräftig genug, um ein Land in Unruhe zu versetzen. Das muss man ihm lassen: Um Michail Saakaschwili ist immer etwas los. Ein ehemaliger Präsident im Hungerstreik, "bereit zu sterben", wie er sagte, so oft kommt das ja nicht vor. Saakaschwili hat einen Sinn für dramatische Auftritte, nun fordert er seit Anfang Oktober hungernd aus dem Gefängnis Georgiens Führung heraus. Und es ist beinahe eine Nebenfrage, wie er es überhaupt zurück in seine Heimat geschafft hat. Inkognito. Denn einen georgischen Pass hat er nicht mehr.

Saakaschwili, 53, war von 2004 bis 2013 georgischer Staatschef. Angesehen im Westen und in Georgien wegen seines Eifers im Kampf gegen Korruption, später beschimpft wegen seiner Allüren und zunehmenden Willkür. Wegen Machtmissbrauchs wurde er in Abwesenheit zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Verblüffend und spektakulär war deshalb, dass er Anfang Oktober kurzfristig ankündigte, er habe ein Flugticket von Kiew nach Tiflis und werde zu den Kommunalwahlen in sein Heimatland zurückkehren. Triumphal, so hoffte er, - obwohl die Justiz ihn mit einem Haftbefehl erwartete.

Bei der Rückkehr nach Georgien hielt er die Behörden zum Narren - bis sie ihn doch erwischten

Doch am Tag des vermeintlichen Showdowns war er bereits im Land, postete ein nächtliches Wackelvideo aus dem hübschen Badeort Batumi und hielt die Behörden zum Narren. Kurz jedenfalls. Saakaschwili wurde festgenommen und abgeführt, in Handschellen, lächelnd, untergehakt von zwei Beamten. Nach wochenlangem Hungerstreik wurde der einstige Staatschef am Montag in ein Militärkrankenhaus verlegt.

Ausgemalt hatte er sich einen Wahlsieg der georgischen Opposition, das Fanal vielleicht sogar für seine Rückkehr an die Macht. Saakaschwili hat noch immer viele Unterstützer in Georgien. Zuletzt demonstrierten mehrmals Tausende Menschen für ihn, "#Free Misha" stand auf Plakaten, doch eine kritische Protestmenge hat sich bisher nicht gefunden, die der Führung politisch gefährlich werden könnte. Georgien hat früher schon Demonstrationen mit vielen Zehntausenden Menschen erlebt. Manchmal waren sie für ihn, manchmal gegen ihn. Bei den Kommunalwahlen setzte sich jetzt aber klar die Regierungspartei "Georgischer Traum" durch, wenngleich angefochten von der Opposition. Hat sich Saakaschwili also verschätzt, verzockt mit seiner mutigen Rückkehr?

Allein seine Anwesenheit ist politischer Zündstoff und geeignet, die Polarisierung der politischen Lager zu verschärfen, vor allem zwischen der von Saakaschwili gegründeten Vereinten Nationalen Bewegung und Georgischem Traum. Der Geheimdienst wirft dem Ex-Präsidenten versuchten Staatsstreich vor. Dutzende Festnahmen von Demonstrierenden bis zum Mittwoch sind womöglich Vorboten für unruhige Zeiten. Die besorgten USA, außenpolitisch stets eng an der Seite von Tiflis, riefen die Regierung vorsorglich dazu auf, dem früheren Präsidenten einen fairen Umgang zuzusichern.

Ein ukrainischer Präsident war einst sein Freund. Auch das ist vorbei

Hungerstreik in einer Gefängnisklinik - Saakaschwilis Leben ist durchzogen von Volten, die maximale Aufmerksamkeit hervorrufen. Der Jurist hatte in den USA als Anwalt begonnen, ging dann mit Feuereifer in die georgische Politik und servierte in der "Rosenrevolution" 2003 den damaligen Präsidenten Eduard Schewardnadse ab. Nachdem er Georgien verlassen hatte, wechselte er in die ukrainische Politik, wo sein Studienfreund Petro Poroschenko Präsident war und ihn zum Gouverneur von Odessa machte. Auch mit ihm stritt sich Saakaschwili, er warf Poroschenko Korruption vor, der ließ ihm die neue ukrainische Staatsbürgerschaft entziehen. Doch Saakaschwili kam zurück. Heimlich schaffte er es über die Grenze und büxte dann in einer wilden Verfolgungsposse immer wieder vor dem ukrainischen Geheimdienst aus. Mit dem Machtwechsel in Kiew erhielt er den ukrainischen Pass zurück. Nun zog es ihn doch wieder nach Georgien. Nur sicher nicht ins Gefängnis.

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