Georgien: Proteste gegen Regierung:"Mischa, verzieh dich!"

60.000 Demonstranten fordern in Georgien vorgezogene Wahlen und den Rücktritt des Präsidenten Michail "Mischa" Saakaschwili - auch wegen des Kriegs gegen Russland.

Zehntausende Menschen sind am Donnerstag gegen den georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili auf die Straße gegangen. Mindestens 60.000 versammelten sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters in der Hauptstadt Tiflis vor dem Sitz des Parlaments. Tausende weitere strömten in das Zentrum der Stadt.

Georgien: Proteste gegen Regierung: Georgiens Opposition fordert Saakaschwilis Rücktritt und vorgezogene Wahlen. Seine wichtigste Gegnerin: Die Ex-Staatspräsidentin Nino Burdschanadse (2. v. R.)

Georgiens Opposition fordert Saakaschwilis Rücktritt und vorgezogene Wahlen. Seine wichtigste Gegnerin: Die Ex-Staatspräsidentin Nino Burdschanadse (2. v. R.)

(Foto: Foto: Reuters)

"Es gibt für uns keine andere Möglichkeit, außer bis zum Ende hierzubleiben, bis der Judas der georgischen Politik zurücktritt", rief der ehemalige Präsidentschaftsbewerber Lewan Gatschetschiladse der Menge zu.

Anlässlich des 20. Jahrestages der sowjetischen Niederschlagung von Protesten in Georgien hatten für Donnerstag mehr als ein dutzend Parteien zu der Kundgebung in der Hauptstadt aufgerufen.

Mit der Demonstration sollen Massenproteste gegen Saakaschwili gestartet werden, deren Ziel der Sturz des Präsidenten ist. Die Regierung hat die Demonstranten aufgefordert, friedlich zu protestieren.

Die Regierungsgegner werfen dem prowestlichen Saakaschwili eine autoritäre Politik vor. Außerdem kreiden sie dem 41-Jährigen den Krieg gegen Russland an. Im August vergangenen Jahres schlug Russland einen Angriff Georgiens auf die abtrünnige georgische Provinz Südossetien zurück und ließ Panzer bis auf 40 Kilometer vor Tiflis auffahren.

Obwohl in Georgien Russland als Verantwortlicher für den Krieg gilt, wächst wegen der Auseinandersetzung die Kritik an Saakaschwili. Seine Gegner sehen sich dadurch in ihrer Meinung bestätigt, dass der Präsident zu viele Fehler gemacht habe, um turnusgemäß bis 2013 im Amt bleiben zu können.

Saakaschwili reagierte gelassen auf die Rücktrittsforderungen. In einer Demokratie habe jeder das Recht, seine Meinung zu sagen, betonte er. Die Opposition aber wirft ihm eine autoritäre Politik vor. "Mischa, verzieh dich!", skandierten Tausende.

Bereits vor den Massenprotesten sind nach Angaben der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" rund 60 ihrer Anhänger inhaftiert worden. Sie hätten in Tiflis an der Demonstration teilnehmen wollen. Das Innenministerium wies die Informationen als falsch zurück.

Feuerwehreinheiten und Hunderte Polizisten in Kampfausrüstung bezogen in der Nacht Stellung im Hof des Parlaments im Zentrum von Tiflis. Im November 2007 ließ Saakaschwili die letzte Großdemonstration gegen ihn gewaltsam niederschlagen.

Rosen statt Kugeln

Saakaschwili kam 2003 in der sogenannten Rosen-Revolution an die Macht. Der Begriff wurde einem Zitat des ersten georgischen Präsidenten Swiad Gamsachurdia entlehnt: "Wir werden Rosen statt Kugeln auf unsere Feinde werfen."

Die Revolution führte zum Rücktritt des umstrittenen Präsidenten Eduard Schewardnadse und brachte die bisherige Opposition an die Macht. Die steht jetzt wiederum in der Kritik: Sie soll Parlament und Medien gängeln.

Die wichtigste Gegnerin Saakaschwilis ist seine Ex-Partnerin Nino Burdschanadse. Sie führte mit ihm zusammen einst die Rosen-Revolution an und wurde zur Parlamentspräsidentin. Doch im November 2007 zeigten sich erste Risse in ihrem Verhältnis zu Staatspräsident Saakaschwili.

Sie lehnte die von ihm befürwortete gewaltsame Auflösung der Massenproteste in Georgien ab, bezeichnete dies später als "großen Fehler" und "Tragödie". 2008 gründete sie als Oppositions-Sammelbecken die Partei "Demokratische Bewegung".

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