Georgien:Neuer Präsident vereidigt – Vorgängerin will das nicht akzeptieren

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Demonstranten mit Flaggen von Georgien und der EU nehmen an einer Kundgebung vor dem Parlamentsgebäude teil. (Foto: Zurab Tsertsvadze/dpa)

In Tiflis ist ein neuer Präsident vereidigt worden, doch die amtierende Präsidentin sieht sich weiter als einzig legitimes Staatsoberhaupt. In der Hauptstadt kommt es zu neuen Massenprotesten proeuropäischer Kräfte.

Rund um die Amtseinführung des neuen Präsidenten bahnt sich in Georgien ein schwerer politischer Konflikt an. Am Sonntag wurde in der Hauptstadt Tiflis das neue Staatsoberhaupt Michail Kawelaschwili vereidigt. Der 53-jährige Kandidat der Regierungspartei Georgischer Traum legte den Eid auf die Bibel und die Verfassung ab. Er schwor, den Interessen Georgiens zu dienen.

Die bisherige Staatschefin Salome Surabischwili hat jedoch erklärt, sie werde ihr Amt nicht abgeben. Sie werde zwar den Präsidentensitz verlassen, aber ihre Legitimität mitnehmen. Sie erkennt die Wahl vom 14. Dezember nicht an und fordert mit Unterstützung von Massenprotesten Neuwahlen.

Salome Surabischwili bei einer Antiregierungskundgebung vor dem Parlamentsgebäude. (Foto: Zurab Tsertsvadze/dpa)

Am Samstagabend demonstrierten erneut Tausende Georgier in Tiflis gegen die ihrer Ansicht nach illegitime Regierung und für die Freilassung inhaftierter Teilnehmer früherer Protestkundgebungen. Auch Präsidentin Surabischwili nahm an den Kundgebungen teil. Aus einer Menschenkette, die sich durch die ganze Hauptstadt zog, wurde am Abend nach Medienberichten eine große Menschenmenge, die sich vor dem Parlamentsgebäude versammelte. Die Kundgebung verlief zunächst friedlich.

Auch aus anderen Städten kam es im Vorfeld der Amtseinführung des neuen Präsidenten zu Protesten. Kawelaschwili ist seit 2016 Abgeordneter im georgischen Parlament. Davor war er Fußballer für verschiedene Vereine im In- und Ausland.

Der neue Präsident Michail Kawelaschwili während einer Sitzung des georgischen Parlaments. (Foto: Uncredited/dpa)

Die USA verhängen Sanktionen gegen den Gründer der Regierungspartei

Das Staatsoberhaupt nimmt in dem Land, das eine lange Grenze mit Russland teilt, eher repräsentative Aufgaben wahr. Surabischwili rief ihre Anhänger auf, sich am Sonntag vor dem Präsidentenpalast zu versammeln. „Ich erwarte Euch vor dem Orbeliani-Palast“, wurde sie von der Agentur NewsGeorgia zitiert. Sie werde dann mit ihren Anhängern das weitere Vorgehen in den nächsten Tagen festlegen.

Seit Wochen demonstrieren täglich Tausende Menschen für eine Rückkehr zum EU-Kurs des Landes und für eine Wiederholung der Parlamentswahl vom Oktober, als sich die nationalkonservative Regierungspartei Georgischer Traum zur Siegerin erklären ließ.

Der Georgische Traum hatte EU-Beitrittsverhandlungen des Landes bis 2028 auf Eis gelegt und damit Proteste prowestlich eingestellter Georgier ausgelöst. Dabei kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen.

Die EU sowie die USA beobachten die Vorgänge mit Sorge. Die USA verhängten am Wochenende Sanktionen gegen den Gründer und Ehrenvorsitzenden der georgischen Regierungspartei, Bidsina Iwanischwili, einen milliardenschweren Unternehmer. „Sein Handeln hat Menschenrechtsverletzungen ermöglicht und die demokratische und europäische Zukunft des georgischen Volkes zugunsten Russlands untergraben“, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller.

Die Sanktionen gegen Iwanischwili sind Teil einer umfassenden Reihe von Maßnahmen der USA und anderer Staaten. Geplante EU-Sanktionen scheiterten zuletzt jedoch am Widerstand Ungarns und der Slowakei.

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