Süddeutsche Zeitung

Rassismus in den USA:Trump ordnet Untersuchung von Polizeigewalt gegen George Floyd an

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Nach dem tödlichen Polizeieinsatz gegen den Afroamerikaner ist es in der zweiten Nacht in Folge zu heftigen Protesten gekommen. Dass die beteiligten Polizisten entlassen wurden, reicht dem US-Präsidenten nicht.

"Der Gerechtigkeit wird Genüge getan!" So hat US-Präsident Donald Trump auf Twitter seine Entscheidung kommentiert, den Polizeieinsatz in Minneapolis, bei dem George Floyd getötet wurde, vom Justizministerium und dem FBI untersuchen zu lassen. Er habe die Behörden zu beschleunigten Ermittlungen aufgefordert, erklärte Trump und sprach den Angehörigen und Freunden des Opfers sein Mitgefühl aus. Der Präsident nannte den Tod Floyds "sehr traurig und tragisch".

Das brutale Vorgehen der Polizei in Minneapolis hat dort, in Los Angeles und in weiteren Städten, am zweiten Tag in Folge heftige Proteste ausgelöst. In Minneapolis zogen am Mittwochabend (Ortszeit) Hunderte Demonstranten zunächst friedlich zu einem Polizeirevier und forderten mit Plakaten Gerechtigkeit für den Getöteten und eine Bestrafung der involvierten Beamten. Anschließend eskalierten Teilnehmer des Protestzuges die Situation: Es kam es zu zahlreichen Plünderungen und mehreren Feuer. Die Polizei setzte deshalb Tränengas ein.

Der Gouverneur des Bundesstaates Minnesota, Tim Walz, warnte auf Twitter vor einer "extrem gefährlichen Lage" und forderte Menschen auf, die Gegend zur eigenen Sicherheit zu verlassen. Über Verletzte oder das Ausmaß der Schäden war zunächst nichts bekannt. Auch in anderen US-Städten wie Los Angeles und Memphis protestierten Menschen am Mittwoch wegen des Tods Floyds, wie etwa die Zeitung USA Today berichtete.

"Wieso ist der Mann nicht im Gefängnis?"

Die Gewalt gegen Floyd, einen Schwarzen, war in einem rund zehn Minuten langen Video zu sehen, das auf Facebook gestellt wurde: Ein weißer Polizist drückte sein Knie mehrere Minuten lang an den Hals Floyds, der wiederholt um Hilfe flehte, bevor er das Bewusstsein verlor. Wiederholt sagte der Afroamerikaner: "Ich kann nicht atmen." Er starb kurz danach in einem nahen Krankenhaus. Die vier in den Fall involvierten Polizisten wurden inzwischen entlassen.

Am Mittwoch hatte der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, gefordert, der Haupttäter müsse festgenommen und angeklagt werden. "Wieso ist der Mann, der George Floyd getötet hat, nicht im Gefängnis?" fragte er vor Journalisten. "Wenn Sie es getan hätten, oder ich es getan hätte, wären wir jetzt hinter Gittern."

Auch in Washington zeigten sich Abgeordnete und Senatoren entsetzt. Was Floyd widerfahren sei, müssten schwarze Amerikaner "seit Generationen" ertragen, erklärte etwa die demokratische Senatorin Kamala Harris. Handyvideos hätten das nur sichtbarer gemacht. "Der Abbau von systemischem Rassismus beginnt damit, Gerechtigkeit zu fordern und Täter zur Rechenschaft zu ziehen", schrieb Harris auf Twitter. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Partei, Joe Biden, erklärte ebenfalls auf Twitter: "George Floyd hatte Besseres verdient. Und seine Familie verdient Gerechtigkeit."

Zahlreiche US-Sportstars haben sich in den sozialen Netzwerken erschüttert über den Fall geäußert. "Wenn euch dieses Foto nicht verstört und stinksauer macht, dann weiß ich auch nicht", schrieb Basketballer Steph Curry auf Instagram zu einem Screenshot aus dem in Minneapolis aufgenommenen Video. "George hat um Hilfe gefleht und wurde einfach ignoriert, was klar und deutlich aussagt, dass sein schwarzes Leben keine Rolle gespielt hat", schrieb Curry. Auch NBA-Topstar LeBron James äußerte sich, ebenso das NFL-Team der Minnesota Vikings und die deutsche Basketballerin Satou Sabally.

Der Anwalt Benjamin Crump erklärte über Twitter, Floyds Familie habe ihn engagiert, um sie in diesem Fall von "missbräuchlicher, exzessiver und unmenschlicher Gewaltanwendung" zu vertreten. Die Polizei müsse zur Rechenschaft gezogen werden.

In den USA kommt es immer wieder zu aufsehenerregenden Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze. Der jüngste Vorfall erinnert an den ebenfalls auf Video festgehaltenen Fall des Afroamerikaners Eric Garner. Der damals 43-Jährige wurde 2014 von New Yorker Polizisten zu Boden geworfen. Sie drückten ihm die Luft ab, später starb er im Krankenhaus. Garners letzte Worte - "Ich kann nicht atmen" - wurden zu einem Slogan der Bewegung "Black Lives Matter". Zuletzt hatte ein Video aus dem Bundesstaat Georgia für Aufsehen gesorgt - ein verstörendes Handyvideo zeigte, wie der schwarze Jogger Ahmaud Arbery (25) offenbar von weißen Männern angegriffen und dann erschossen wurde. Nach der Tat im Februar hatte es zwei Monate gedauert, bis das Video veröffentlicht wurde - erst dann kam es in dem Fall zu Festnahmen.

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