Süddeutsche Zeitung

USA:Ein Land in Aufruhr

Auch eine Woche nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Polizeigewahrsam gehen in den USA Menschen auf die Straße. An einigen Orten eskaliert die Gewalt.

Von Camilla Kohrs

Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Polizeigewahrsam am 25. Mai kommt es überall in den Vereinigten Staaten zu Protesten, das Bild zeigt eine Szene in Washington in der Nähe des Weißen Hauses. Floyd wurde nach einer Festnahme im Krankenhaus für tot erklärt; das Video einer Passantin zeigt, wie ein Polizist acht Minuten lang auf dem Nacken des 46-jährigen Floyd kniete. Nach tagelangen Protesten, die mancherorts in Gewalt umschlugen, kündigte US-Präsident Trump am Montag an, er wolle das Militär in die Staaten schicken, deren Gouverneure die Situation nicht selbst in den Griff bekommen. Ob Trump das darf, ist umstritten.

Nach seinem Pressestatement, das er im Rosengarten des Weißen Hauses hielt, ging Trump zur St.-John's-Kirche, vorbei an einer Wand, die mit Protest-Graffiti bedeckt ist. Um Trump den Fußweg freizumachen, setzte die Polizei Tränengas und Gummigeschosse gegen friedliche Demonstranten ein. In der Kirche angekommen, ließ sich Trump mit einer Bibel in der Hand fotografieren.

Kurz vor der Ausgangssperre am Montagabend räumten die Sicherheitskräfte den Lafayette-Park vor dem Weißen Haus und der umliegenden Gegend. Das Bild zeigt, wie Demonstranten vor den Beamten niederknien - es ist das bildgewaltige Symbol dieses Protests. Während der Räumung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten und Medienberichten zufolge auch zu Verletzten.

Auch die Polizei wird immer wieder zum Ziel von Angriffen, wie in St. Louis in Missouri. Dort schleuderten Demonstranten am Abend Feuerwerkskörper in Richtung der Sicherheitskräfte und warfen mit Steinen. Wie die Behörden mitteilen, wurden in der Stadt vier Polizisten angeschossen. Sie lägen nun im Krankenhaus, sagte Polizeichef John Hayden Jr. sichtlich bewegt in einem Video, das die Polizei auf Twitter veröffentlichte. Im Staat New York wurde eine Gruppe von Polizisten mit einem Auto angefahren. In einem Video ist zu sehen, wie sie eine Gruppe von Demonstranten mit Schlagstöcken auseinandertreiben, als ein Auto auf sie zufährt. Zwei Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer. Ihr Zustand soll inzwischen stabil sein.

In vielen Städten kommt es am Rande der Demonstrationen zu Plünderungen und Brandschatzungen. In New York City wurden zahlreiche Geschäfte geplündert, im Großraum Los Angeles zündeten Demonstranten am Sonntag ein Einkaufszentrum an. Eine Schaufensterpuppe liegt am Tag danach noch in dem verbrannten Geschäft in Downtown Long Beach.

Seit Beginn der Proteste sind in den USA mindestens 5600 Menschen festgenommen worden, wie aus Pressemitteilungen der Polizei, Tweets und Medienberichten hervorgeht, die die Nachrichtenagentur AP ausgewertet hat. Das Bild zeigt eine Festnahme bei einem Protestmarsch in New York City.

Die meisten Proteste aber bleiben friedlich, wie hier in Manhattan. Ein junger Mann hält ein Schild "Black Lives Matter" in die Höhe. Die Losung geht auf einen Fall von 2012 zurück. Damals erschoss George Zimmerman den unbewaffneten 17-jährigen Trayvon Martin. Als Zimmerman freigesprochen wurde, entlud sich eine Debatte über Rassismus in den USA. Sie erhielt das Stichwort: #BlackLivesMatter. Aus dem Hashtag wurde eine Bewegung, die noch heute aktiv ist.

In Atlanta, Georgia, knien Polizisten vor den Demonstranten - als Zeichen von Solidarität und Frieden. Auch in anderen Städten zeigen sich die Polizisten mit den Demonstranten solidarisch. Ein am Sonntag auf Twitter verbreitetes Video etwa zeigt den Sheriff von Genesee County in Michigan. Chris Swanson steht gemeinsam mit Polizisten ohne Helmen und Schlagstöcken vor den Demonstranten und sagt: "I wanna make this a parade not a protest" ("Ich will das zu einer Parade machen, nicht zu einem Protest"). Dann läuft er gemeinsam mit den Demonstranten los.

First Lieutenant Andrea Drost von der Nationalgarde Minnesotas schließt sich einem Protest vor dem State Capitol in St. Pauls an. Die Hauptstadt des Bundesstaates liegt in unmittelbarer Nachbarschaft von Minneapolis, wo George Floyd ums Leben kam.

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