Genmais-Diskussion:Nur noch zwei Wochen bis zur Aussaat

Agrarministerin Aigner steht bei ihrer Entscheidung über die Zulassung von Genmais unter gewaltigem Zeitdruck - und gerät in Bedrängnis.

D. Kuhr

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gerät bei der Frage eines Anbauverbots für Genmais zunehmend in Bedrängnis. Umweltschützer forderten die Ministerin am Mittwoch erneut auf, den Anbau von Mais der Sorte Mon 810 sofort bundesweit zu verbieten.

Genmais-Diskussion: In München protestierte Greenpeace gegen die geplante Aussaat von Genmais. Mehrere Aktivisten seilten sich vom Landtagsgebäude ab und entrollten ein riesiges Protestbanner.

In München protestierte Greenpeace gegen die geplante Aussaat von Genmais. Mehrere Aktivisten seilten sich vom Landtagsgebäude ab und entrollten ein riesiges Protestbanner.

(Foto: Foto: AP)

Die Zeit drängt, weil die Aussaat unmittelbar bevorsteht. Gleichzeitig appellierten Wissenschaftler in einem offenen Brief an Aigner, die grüne Gentechnik nicht zu blockieren. Sie dürfe mit einem Verbot keine "Ängste bestätigen, für die es keinen nachvollziehbaren Grund gibt", heißt es in dem Schreiben des Wissenschaftlerkreises Grüne Gentechnik.

Zu den Unterzeichnern zähle auch die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Vollhardt, teilte der Verein mit. In München protestierte Greenpeace gegen die geplante Aussaat von Genmais. Mehrere Aktivisten seilten sich vom Landtagsgebäude ab und entrollten ein riesiges Protestbanner.

Nachteile für Mensch und Umwelt?

Mais der Sorte Mon 810 des amerikanischen Agrarkonzerns Monsanto ist bislang die einzige gentechnisch veränderte Pflanze, die in Europa zum kommerziellen Anbau zugelassen ist. Nach Angaben von Greenpeace soll dieser Mais in den kommenden Tagen auf 3600 Hektar bundesweit ausgesät werden. Die meisten Standorte liegen in den östlichen Bundesländern, einige wenige sind auch in Bayern geplant.

Nach Ansicht der Umweltschützer produziert der Mais ein Insektengift, das nicht nur gegen Ungeziefer wirkt, sondern auch wertvolle Bodenorganismen und Insekten schädigt. So kam eine vergangene Woche vom Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) veröffentlichte Studie zu dem Ergebnis, dass das Gift Bienen gefährdet und die Gesundheit von Säugetieren beeinträchtigt. Gentechnik-Gegner fordern daher, Deutschland solle dem Vorbild anderer Länder folgen und die Aussaat untersagen.

Völlig freie Hand hat das Bundeslandwirtschaftsministerium dabei allerdings nicht. "Wir brauchen einen handfesten Grund, um den Anbau zu verbieten", sagte Agrarstaatssekretär Gert Lindemann am Mittwoch zur Süddeutschen Zeitung. Da der Mais offiziell durch die europäischen Behörden zugelassen wurde, sind die einzelnen Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet, den Anbau auf ihrem Gebiet zu gestatten.

Deutschland müsste damit rechnen, verklagt zu werden

Nur wenn sie aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse Nachteile für Mensch und Umwelt befürchten, dürfen sie ihn verbieten. Das sieht eine Schutzklausel in den europäischen Vorschriften vor. Länder wie Österreich, Ungarn oder auch Frankreich haben von dieser Schutzklausel Gebrauch gemacht und die Aussaat von Genmais untersagt. Ob sie damit gegen Gesetze verstoßen haben, ist allerdings offen.

In Frankreich hat Monsanto die dortige Regierung verklagt. Ein Urteil steht noch aus. Bei Österreich und Ungarn verzichtete der Konzern auf eine Klage, vermutlich weil der Markt dort zu klein ist. Deutschland dagegen müsste ziemlich sicher damit rechnen, verklagt zu werden. "Als Seehofer vor zwei Jahren den Anbau vorübergehend verboten hatte, erhob der Konzern umgehend Klage mit einem Streitwert von über vier Millionen Euro", sagte Lindemann.

"Wir können daher nur ein Verbot aussprechen, wenn wir überzeugt sind, dass unsere Entscheidung vor Gericht Bestand hat." An diesem Donnerstag werden im Ministerium drei Gutachten eingehen, die Grundlage für ein Verbot sein könnten. Dazu kommt eine Bewertung des Monsanto-Berichts vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das geprüft hatte, ob von dem Mais tatsächlich Risiken ausgehen.

Auf Grundlage dieser Expertenaussagen wird Aigner entscheiden. Den Vorwurf von Kritikern, dass die Landwirtschaftsministerin warten wolle, bis die Aussaat im Boden ist, wies ihr Staatssekretär vehement zurück. "Die Aussaat wird nicht vor dem 20. April beginnen", sagte Lindemann. Bis dahin sei die Entscheidung in jedem Fall gefallen. "Unser Plan ist, dass sie spätestens am 15. April steht."

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