SPD-Parteitag:Die Frau, die Gabriel mäßigen soll

SPD-Bundesparteitag

Der Parteivorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gratuliert der neu gewählten Generelsekretärin.

(Foto: dpa)
  • Die ehemalige Generalsekretärin Yasmin Fahimi hielt auf dem Parteitag ihre Abschiedsrede. Sie wechselt ins Arbeitsministerium
  • Ihre Nachfolgerin Katarina Barley muss nun Parteichef Gabriel, nach dessen schwachem Wahlergebnis, stützen
  • Barley wirkte auf dem Parteitag allerdings nicht so souverän wie bei ihrer Vorstellung

Von Christoph Hickmann, Berlin

Am späteren Donnerstagabend, ein paar Minuten vor neun, ist die Parteitagshalle schon ziemlich leer, als Yasmin Fahimi ans Mikrofon tritt. Vor zwei Jahren, sagt sie, habe sie das Amt der SPD-Generalsekretärin übernommen. "Die Ausübung dieses Amtes und den Dienst für meine SPD habe ich stets als großes Privileg empfunden."

Es ist ihre Abschiedsrede, Fahimi wechselt als Staatssekretärin ins Arbeitsministerium unter Andrea Nahles - und die Rede passt irgendwie zu ihrer Amtszeit an der Spitze der SPD. Da ist zum einen die eher traurige Kulisse, der Saal, in dem bereits viele Stühle frei bleiben, weil die eigentlichen Debatten dieses ersten Tages vorbei sind. Und da ist die Rede selbst, die von jener Hölzernheit ist, die Fahimi zumindest bei ihren öffentlichen Auftritten zwei Jahre lang nicht losgeworden ist.

Wobei dies nie ihr Hauptproblem war - vor allem zu schaffen gemacht hat ihr Parteichef Sigmar Gabriel. Der hatte die Gewerkschafterin ausgewählt und als Überraschungskandidatin präsentiert, dann aber schon recht früh keinen Hehl daraus gemacht, dass er nicht übermäßig glücklich mit seiner Wahl war. Hinzu kam Anfang des Jahres der Disput zwischen Gabriel und seiner Generalsekretärin über den Umgang mit der Pegida-Bewegung. Fahimi geht darauf in ihrer Abschiedsrede allenfalls indirekt ein, als sie sagt, man müsse, wenn man mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert sei, Haltung beweisen.

Barley hat keinerlei Erfahrung, wie man einen Wahlkampf organisiert

Die Frage ist nun also, wie ihre Nachfolgerin mit dem ungestümen Parteichef klarkommen wird. Auch Katarina Barley ist eine Überraschungslösung, von Gabriel ausgewählt und präsentiert. Zwar sitzt sie im Bundestag, doch auch sie hat keinerlei Erfahrung damit, einen Wahlkampf zu organisieren, wie er 2017 ansteht. Zumindest ihr Einstand gelang der Juristin allerdings besser als einst Fahimi.

Jedenfalls legte sie Anfang November, als die Personalie bekannt geworden war, im Willy-Brandt-Haus einen fröhlichen ersten Auftritt vor der Presse hin. Ihr erster Gedanke, als Gabriel ihr den Posten anbot? "Ein bisschen wie bei Obama und dem Nobelpreis: Wow!" Das Amt sei "eine große Ehre", sagte sie. Wie sie mit Gabriel umgehen wolle? Man sei zwar "sehr unterschiedlich", sagte Barley, aber sie möge "Menschen mit einem Profil", wozu auch "ein paar Ecken und Kanten" gehörten. Was sie nicht möge, seien Menschen, "durch die man durchgucken kann, die man nicht an die Wand nageln kann". Darauf Gabriel: "Das ist hoffentlich keine Ankündigung." Barley: "Mal sehen."

Sie soll sich den Delegierten vorstellen - eigentlich eine dankbare Aufgabe

Nun, mehr als einen Monat später, steht Katarina Barley am Freitagnachmittag in der Parteitagshalle, und von der Fröhlichkeit ist nicht viel geblieben. Sie soll sich den Delegierten vorstellen, was eigentlich eine dankbare Aufgabe ist, schließlich gibt es keinerlei Gegenkandidaten. Doch Barley ist ziemlich nervös.

Sie schluckt, sie findet anfangs nicht so recht in ihre Rede. Und als es dann besser läuft, da sagt sie Sätze von der Art, dass die SPD sich auch um diejenigen kümmere, "die es hierzulande schwer haben". Dass es in der Politik auch darum gehe, "Gefühle" zu transportieren. Otto Wels kommt vor, Willy Brandt kommt vor, zudem allerlei sozialdemokratisches Allgemeingut. Außerdem stellt Barley den Delegierten sich und ihr Leben in den Grundzügen vor.

Erste Herausforderung: einen angeschlagenen Vorsitzenden ausbalancieren

Seit 2013 sitzt sie im Bundestag, sie war im Wahlkreis Trier angetreten und über die rheinland-pfälzische Landesliste ins Parlament eingezogen. Nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen hatte sie zunächst in einer Hamburger Großkanzlei gearbeitet, bevor sie für den Wissenschaftlichen Dienst des rheinland-pfälzischen Landtags und schließlich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht arbeitete. Danach war sie unter anderem als Richterin tätig.

Wahrscheinlich steht sie bei ihrem Auftritt vor dem Parteitag noch unter dem Eindruck des zuvor bekannt gegebenen schwachen Wahlergebnisses für Gabriel. Sie selbst bekommt 93 Prozent. Nun wird ihre erste große Herausforderung im neuen Amt darin bestehen, einen angeschlagenen Vorsitzenden auszubalancieren. Von Yasmin Fahimi und deren Vorgängerin Andrea Nahles könnte sie sich zum Start anhören, was zu dieser Aufgabe so alles gehört - auch schon in einigermaßen normalen Zeiten.

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