Generaldebatte im Bundestag:"Der Ball liegt bei GM"

Wirtschaftsminister Brüderle fordert ein tragfähiges Konzept für Opel, Verkehrsminister Ramsauer beharrt auf dem "Aufbau West" - und die Opposition lässt kein gutes Haar an den Rednern.

Bei der Aussprache über die Regierungspolitik im Bundestag hat Wirtschaftsminister Rainer Brüderle den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) aufgefordert, ein tragfähiges Konzept für die Zukunft des Autobauers vorzulegen. GM habe viel zu lange Entscheidungen verzögert, viel Geld sei verbrannt worden. "Der Ball liegt jetzt bei General Motors und nicht in Berlin", sagte der FDP-Politiker.

Generaldebatte im Bundestag: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle nach seiner Antrittsrede im Bundestag.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle nach seiner Antrittsrede im Bundestag.

(Foto: Foto: Reuters)

Außerdem forderte er die Banken auf, Unternehmen besser mit Krediten zu versorgen. "Wer Steuergelder zur Bilanzbereinigung entgegennimmt, muss auch seiner Verantwortung bei der Kreditvergabe nachkommen", sagte er in seiner Antrittsrede als Minister im Bundestag. Die Regierung werde alles tun, um eine Kreditklemme zu verhindern und die Weichen für mehr Wachstum zu stellen.

Trotz der besseren Aussichten sieht Brüderle noch Risiken für die Konjunktur. "Ich kann keine Entwarnung geben. Die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit ist noch nicht überwunden", sagte der Minister. Die schwarz-gelbe Koalition senke deshalb die Steuern um 21 Milliarden Euro. Das schaffe zusätzliche Nachfrage und helfe der Konjunktur.

SPD-Politiker Hubertus Heil nannte die zehnminütige Rede Brüderles eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen und warnte den langjährigen Oppositionspolitiker vor einer "Grußwort-Politik". Brüderle müsse aufpassen, nicht zum neuen "Problembären" der Regierung zu werden. "Wir erwarten von Ihnen mehr als launige Reden und Grußworte." Brüderle hatte 2006 den damaligen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) als "Problembären" von Schwarz-Rot verspottet.

Brüderle solle sich lieber persönlich um Opel kümmern und sofort in Verhandlungen mit GM eintreten: "Sie sind aufgefordert zu handeln, nicht nur zu beklagen." Zudem fehle der schwarz-gelben Koalition ein Konzept für die Wirtschaftspolitik. Die vom Kabinett beschlossenen Steuersenkungen seien "Klientelpolitik ohne nachhaltige Wachstumsimpulse".

Die Grünen-Politikerin Kerstin Andreae warf Brüderle vor, mit Rezepten von gestern auf die Krise von heute zu reagieren. Auch Sahra Wagenknecht von der Linken attackierte den 64-jährigen Vize-Parteichef der Liberalen. Brüderle habe die Dimension der Krise offenbar nicht begriffen und setze auf "Phrasendrescherei".

Umwelt: "Kopenhagen muss ein Erfolg werden"

Der neue Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) forderte bei seinem Debüt im Bundestag eine "nachhaltige Wirtschaftsordnung", in der Umwelt- und Klimaschutz zu mehr Beschäftigung führen. "Wir müssen das Leitprinzip der Nachhaltigkeit einführen", sagte Röttgen. "Wir machen damit Wirtschaftspolitik." Nötig seien ehrgeizige Klimaschutzziele.

Norbert Roettgen, AFP

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU)

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Zum Erfolg der Klimaschutz-Verhandlungen in Kopenhagen gebe es "keine Alternative". Die Verhandlungen müssten ein Erfolg werden. Deutschland habe beim Umwelt- und Klimaschutz eine Vorreiterrolle, weil dabei hierzulande schon früher gesellschaftliche und politische Fortschritte als anderswo erreicht worden seien. Röttgen wandte sich gegen einen Umweltschutz "im Verkündungston". "Naturschutz kann man nur mit den Menschen machen", sagte er vor den Abgeordneten."

Zu einem Erfolg der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen gebe es keine Alternative, sagte Röttgen weiter. Es existiere kein Plan B. "Es gibt nur die eine Option: Kopenhagen muss ein Erfolg werden." Röttgen verwies auf die im schwarz-gelben Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen und die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 auf 40 Prozent des Niveaus von 1990 zu begrenzen. "Wir sind ambitionierter als die Vorgängerregierung", sagte Röttgen.

Für die SPD kritisierte Umweltexperte Ulrich Kelber, mit den geplanten längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängerten Union und FDP das Monopol der vier großen Energieerzeuger. "Noch nie hat ein Koalitionsvertrag so ungehemmt, so schamlos Klientelinteressen bedient." Die Technologieführerschaft bei erneuerbaren Energien werde leichtfertig aufgegeben. Die grüne Umweltschutzexpertin Bärbel Höhn hielt dem neuen Minister vor, der Koalitionsvertrag sehe mehr Atommüll und mehr Schulden vor. Das sei das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Verkehr: Ramsauer rechtfertigt "Aufbau West"

Generaldebatte im Bundestag: Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU)

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU)

(Foto: Foto: dpa)

Der neue Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat sich erneut für verstärkte Verkehrsinvestitionen in Westdeutschland ausgesprochen. "Ich bekenne mich ausdrücklich dazu", sagte er in seiner ersten Rede im Bundestag. "Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, Substanz auf Verschleiß zu fahren." Der CSU-Politiker kündigte außerdem eine Umstrukturierung seiner Behörde an, um sie effektiver und sparsamer zu machen. Die SPD warf ihm vor, eine Neiddebatte zu schüren.

"Balance zwischen Ost und West wahren"

"Wir müssen die Balance wahren" zwischen Ost und West, sagte Ramsauer, "wenn wir es nicht zu neuen Brüchen kommen lassen wollen." Es sei zwar richtig, dass zunächst vieles im Westen zurückgestellt wurde, "aber alle geben auch zu, dass hier ein Nachholbedarf entstanden ist". Er versicherte, dass kein zugesagtes Projekt im Osten infrage stünde.

Bei der Bahn stehe außerfrage, dass Netz und Infrastruktur "dauerhaft in der Hand des Bundes bleiben" müssten. "Privatisierung ist für mich kein Allheilmittel", sagte er. Logistik- und Transportsparte würden nur privatisiert unter "strengster Berücksichtigung dessen, wie die Lage auf dem Kapitalmarkt aussieht".

Zu seiner Behörde sagte der Minister, er wolle sie zu einem Beispiel umbauen, "wie man öffentliche Strukturen effektiver und effizienter gestalten kann". Es gebe bei rund 60 Unterbehörden "natürlich feste Strukturen". Aber es sei immer der Grundsatz zu beachten, dass diese "den Menschen zu dienen haben und nicht die Menschen den Strukturen".

"Kein Fettnäpfchen ausgelassen"

Der SPD-Abgeordnete Florian Pronold warf Ramsauer vor, in den ersten zwei Wochen nach seinem Amtsantritt "kein einziges Fettnäpfchen ausgelassen" zu haben. Mit den Äußerungen zu Investitionen im Westen habe er "eine Neiddebatte vom Zaun gebrochen". Pronold wies darauf hin, dass bereits bei den jüngsten Konjunkturprogrammen der Süden überproportional berücksichtigt worden sei, und bezweifelte, dass angesichts der Steuerpläne der neuen Bundesregierung überhaupt genug Geld für Investitionen da sei.

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