Glücksspielsucht:Bremen droht, Wettbüros zu schließen

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Ein Laden für Sportwetten in der Bremer Innenstadt. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Wegen des Verdachts auf Geldwäsche sollten die Betreiber nachweisen, woher sie ihr Gründungskapital haben. Getan hat das keiner.

Von Jan Diesteldorf, Bremen

Bremens Innensenator ist auf Mission. Ulrich Mäurer (SPD), 71, Jurist, seit 43 Jahren in der Verwaltung der Hansestadt tätig und seit 2008 ununterbrochen im Amt, führt einen Kampf gegen die Glücksspielindustrie. Es begann im vergangenen Dezember: Kurz nachdem die Bundesländer den Markt für Glücksspiele im Internet liberalisiert hatten, forderte Mäurer ein Werbeverbot für besonders suchtgefährdende Spielformen. Die Menschen, sagte er, würden "überall im Fernsehen, Internet oder in den Stadien mit Werbespots für Glücksspiele bombardiert". Das stimmt, aber im Kreise der anderen Länder ist dieser Vorstoß nicht mehrheitsfähig.

Jetzt will Mäurer wenigstens zu Hause für Ordnung sorgen. In wenigen Wochen könnte Bremen die erste deutsche Großstadt sein, in der es einstweilen keine Sportwettbüros mehr gibt. Zumindest keine geöffneten. Mit der Neufassung seines Landesglücksspielgesetzes hatte Bremen vor einem Jahr alle Wettbürobetreiber verpflichtet offenzulegen, woher ihr Geld für die Geschäftsgründung stammt. Alle vier in Bremen tätigen Veranstalter erhielten entsprechende Post vom Ordnungsamt: Tipico, Happybet, Tipwin und Xtip. Allein, keiner von ihnen hat die aus Bremer Sicht erforderlichen Unterlagen eingereicht. Weshalb jetzt allen 24 Bremer Wettbüros die Schließung droht - und acht weitere Erlaubnisanträge abgelehnt wurden.

Mäurer begründet das mit dem Kampf gegen Geldwäsche. Der Glücksspielsektor sei dafür besonders anfällig, hieß es schon in der Nationalen Risikoanalyse der Bundesregierung von 2019. Demnach böten auch Wettbüros "die Möglichkeit zur Einschleusung kriminell erlangter Gelder in die Legalwirtschaft". Man wolle sicherstellen, "dass hier keine Gelder aus dunklen Geschäften wie Drogen- oder Menschenhandel gewaschen werden", sagt Mäurer.

Oftmals unterhalten die Wettfirmen ihre Büros nicht selbst, sondern arbeiten mit sogenannten Franchise-Nehmern zusammen. Mit Geschäftspartnern also, die vor Ort Wetten annehmen, an die Veranstalter vermitteln und dafür eine Provision kassieren. Je nach Anbieter kostet die Eröffnung eines Wettbüros nach Angaben des Bremer Innensenators bis zu 120 000 Euro. Um diese Gelder geht es jetzt. In der Vergangenheit gab es durchaus Fälle von Franchise-Nehmern, die der organisierten Kriminalität nahestanden oder zumindest Ärger mit den Justizbehörden hatten.

Überhaupt waren Sportwetten in Deutschland jahrelang nur geduldet. Offizielle, bundesweit gültige Erlaubnisse gab es trotz entsprechender gesetzlicher Grundlagen bis Ende 2020 keine. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2016 schützte die Anbieter vor Strafverfolgung: Demnach durfte die Vermittlung von Sportwetten ins EU-Ausland nicht mehr sanktioniert werden. Die meisten Anbieter haben ihren Sitz in Malta; auch Gibraltar, Großbritannien oder Österreich sind beliebte Standorte.

Mäurer rechnet nun mit Klagen. Derart rechtliches Neuland zu betreten, sei immer ein gewisses Risiko. "Aber das ist es uns wert", sagt er. Die Branche reagiert gelassen: Das Ganze sei vor allem populistisches Getöse des Innensenators, der sich bald durch ein Gericht werde belehren lassen müssen, heißt es von einem der betroffenen Wettveranstalter.

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