Vergangenen Samstag hat Barack Obama seinen 51. Geburtstag gefeiert. Er spielte Golf, gönnte sich einen Tag mit der Familie. Die offiziellen Partys feiert der Präsident am kommenden Wochenende, zu drei Festen lädt er Freunde und Fans nach Chicago. Wer beim exklusivsten Event - einem Stehempfang im privaten Heim der Obamas - dabei sein will, muss ein schönes Geschenk mitbringen: einen Scheck über 40 000 Dollar.
Spendensammler: Barack Obama bei einem fundraiser. Die reichen Weißen unterstützen in erster Linie den Herausforderer Romney, die armen Schwarzen stehen auf der Seite des amtierenden US-Präsidenten.
(Foto: REUTERS)Obama braucht Geld. Viel Geld. Also hetzt der Präsident dieser Tage von einem Spendentermin zum nächsten. So wie neulich in Washington in einem Nobelhotel: Lächeln beim Handschlag fürs Erinnerungsfoto, gefälliges Kurzreferat beim Dinner - dafür berappt jeder seiner Gäste 60.000 Dollar, bei zwei Dutzend Gönnern und exakt 59 Minuten Einsatz eine respektable Gage von fast eineinhalb Millionen Dollar.
Die Summe wird später aufgeteilt, Obamas Kampagne bekommt ihr Scherflein, der Rest geht an die Partei und an Kassen diverser Kongressabgeordneter. 198 solcher "Fundraiser" hat der Präsident absolviert, seitdem er im April vorigen Jahres erklärte, er wolle gern noch weitere vier Jahre im Weißen Haus wohnen bleiben. Die Republikaner lästern, Obama buhle mehr um Spenden als er regiere.
Amerika erlebt den teuersten Wahlkampf seiner Geschichte. 5,8 Milliarden Dollar werden beide Großparteien bis zum 6. November verprassen. Das jedenfalls schätzt Sheila Krumholz, Direktorin des "Center for Responsive Politics (CRP)", einer unabhängigen Organisation, die seit Jahren das Zusammenspiel von Geld und US-Politik analysiert. Die CRP-Prognose umfasst die Kosten für alle Wahlgänge, also auch die gleichzeitige Kür des nächsten Kongresses. Allein der Showdown zwischen Obama und seinem Herausforderer Mitt Romney, so Krumholz, werde 2,5 Milliarden Dollar verschlingen.
Die horrenden Kosten öffnen dem Einfluss des großen Geldes Tür und Tor. Der Harvard-Professor Lawrence Lessig warnte bei einer Anhörung im US-Senat, die Regierung der Vereinigten Staaten erliege systematischer "Korruption": Die Gründerväter hätten eine Republik angestrebt, in der alle Herrschaft allein vom Volk ausgehe - längst aber sei die Macht im Land ebenso abhängig von der Macht der Spender. "For Sale" verkündet diese Woche das Titelbild des Magazins Time: zu verkaufen. Zu sehen ist ein Pappschild vor dem Weißen Haus: "Mindestgebot $ 2,5 Milliarden".
Obama kann auf die Kleinspender bauen
Deshalb muss Obama um jeden Dollar kämpfen. Neueste Zahlen signalisieren, dass er den Endspurt ums große Geld verlieren könnte. Zwar hat sein Lager binnen 18 Monaten seiner Kampagne bereits 400 Millionen Dollar ausgegeben. In der heißen Schlussphase des Wahlkampfs aber drohen ihm knappe Kassen, aktuell hat er 25 Millionen weniger im Säckel als sein Herausforderer Mitt Romney und die republikanische Partei. Ohne neues Geld, so prophezeite Obama vorige Woche in Bettel-Mails, werde dies sein "letzter Geburtstag als Präsident" gewesen sein.
Zahlen aus dem Monat Juli bestätigen den Trend: Romney sammelte 101 Millionen, Obama nur 75 Millionen. Und das sind nur die offiziellen Zuflüsse an Parteien und Kampagnen. Weitere 320 Millionen flossen an "Politische Aktions-Komitees", sogenannte Super-PACs. Die betreiben im Auftrag reicher, meist konservativer Groß-Gönner Propaganda. Allein im Juli gaben republikanisch gesinnte Super-PACs neunmal so viel für meist maliziöse TV-Spots aus wie ihre linken Gegenorganisationen.
Zwar kann Obamas Kampagne wie schon 2008 auf die Gunst vieler Kleinspender bauen: 2,4 Millionen US-Bürger füllten Obamas Kriegskasse immerhin mit 121,5 Millionen Dollar. Aus solchen Spenden unter 200 Dollar pro Person flossen Romney nur 25,5 Millionen zu. Und auch im Wettlauf um größere Schecks lag der Präsident lange vorn. Nun aber beschleicht die Demokraten Pleite-Panik. Obamas Schatzmeister rechnen zwar damit, dass ihr Idol mehr als 2008 eintreiben wird (745 Millionen). Aber Romneys Lager werde auf 1,2 Milliarden Dollar kommen. Mindestens.
Die Schleusen hatte der Oberste Gerichtshof geöffnet. Im Januar 2010 entschieden die mehrheitlich konservativen Richter, Geldspenden seien ein Akt freier Meinungsäußerung, folglich stehe jedem Bürger und jedem Konzern das Recht zu, sich mit unbegrenztem Aufwand einzumischen in die Politik. Dollarscheine galten in den USA stets als "zweiter Wahlzettel", das Urteil baute der Macht des großen Geldes nun neue, breite Kanäle.