Süddeutsche Zeitung

Proteste in Frankreich:Massives Polizeiaufgebot will Randale verhindern

  • Nach Angaben der Polizei wurden bis zum Nachmittag rund 600 Menschen allein in Paris festgenommen, davon kamen rund 500 in Polizeigewahrsam.
  • Schätzungsweise 77 000 Menschen protestieren in gelben Westen gegen die Politik von Präsident Macron, der Staat will mit 89 000 Polizisten neuerliche Randale verhindern.
  • Polizei und Regierung erwarten wieder Ausschreitungen. Geschäftsleute lassen ihre Läden trotz des Weihnachtsgeschäfts geschlossen.

In Paris hat die Polizei rund um die Massenproteste der "Gelbwesten" nach Angaben der Polizei fast 1000 Menschen vorläufig festgenommen, mehr als 720 davon wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen. Verdächtige hatten nach Angaben der Polizei Masken, Steinschleudern, Hammer und Pflastersteine bei sich getragen.

Überall in und um die Hauptstadt forderten Beamte die Passanten auf, ihre Rucksäcke und Taschen zu öffnen. Wichtige Straßen im Zentrum der Stadt waren abgesperrt, die meisten Geschäfte waren geschlossen, deren Eigentümer hatten Fenster und Eingänge mit Holzplatten verbarrikadiert. Die Behörden sprachen von einer präventiven Aktion, um ähnliche Ausschreitungen wie vor einer Woche zu verhindern. Damals war die Situation vor allem in Paris eskaliert, mehr als 130 Menschen waren verletzt und mehr als 400 festgenommen worden, Geschäfte geplündert, Autos angezündet.

Eine Gruppe von mehreren hundert Demonstranten versammelte sich schon früh auf der Champs-Élsysées. Die Personen in gelben Westen kamen am Arc de Triomphe zusammen und zogen dann begleitet von einem großen Polizeiaufgebot den Boulevard entlang.

Andernorts blockierten mehrere hundert Demonstranten zeitweise die wichtige Ringautobahn Périphérique. Die Polizei löste die Blockade auf, ohne dass es zu Zusammenstößen kam. Eine örtliche Gelbwesten-Sprecherin betonte den friedlichen Charakter der Autobahn-Blockade: "Wir wollen uns Gehör verschaffen, keine Randale machen", sagte Laetitia Dewalle.

Die Polizei rechnet an diesem Samstag noch mit schweren Ausschreitungen bei den Protesten, insbesondere in der Hauptstadt. In einer Seitenstraße der Champs-Élysées setzte die Polizei Tränengas ein, als einige Demonstranten versuchten, zum Präsidentenpalast durchzudringen. Die meisten Gelbwesten blieben aber friedlich.

Die Regierung hat landesweit 89 000 Sicherheitskräfte mobilisiert, in Paris sind es 8000. Das sind rund ein Drittel mehr als am vergangenen Samstag. Dennoch blieb die Situation in der Stadt am Nachmittag angespannt. Immer wieder rückte die Polizei gegen Demonstranten vor, die Mülltonnen anzündeten oder Pflastersteine warfen. Bisweilen sah man Wasserwerfer oder Tränengaspatronen.

Eiffelturm und Louvre bleiben geschlossen

Die Protestbewegung fordert den Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron sowie allgemeine Steuersenkungen, höhere Renten und Löhne. Die bisherigen Zusagen der Regierung reichen den Aktivisten nicht aus. Ausgelöst wurden die Proteste von Macrons Ankündigung, die Kraftstoffsteuern anzuheben. Einzelne Aktivisten rufen zur Einnahme des Elysée-Palasts auf.

An diesem Wochenende bleiben trotz des Weihnachtsgeschäfts hunderte Geschäfte geschlossen, auch der Eiffelturm und der Louvre öffneten nicht. Das öffentliche Leben ist im Stadtzentrum weitgehend zum Erliegen gekommen. Manche sprachen von einer "Geisterstadt". Zudem bleiben 36 Stationen der U-Bahn und der Vorortbahnen RER geschlossen. Rund 50 Buslinien wurden unterbrochen oder umgeleitet. Am Nachmittag kam es in Paris wie in vielen anderen Städten zu weiteren Demonstrationen - diesmal für den Schutz des Klimas. Die Organisatoren versprachen, friedlich bleiben zu wollen.

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Sz.de/dpa/AFP/kjan/lüü
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