Trotz der Entlassung von vier israelischen Soldatinnen aus der Geiselhaft der islamistischen Hamas am Samstag, wächst die Sorge, die Waffenruhen im Gazastreifen und in Libanon könnten nicht halten. Israel wirft der Hamas in Gaza wiederholten Verstoß gegen die Vereinbarungen vor und dass eine zivile Geisel nicht wie abgemacht freigelassen wurde. Zugleich lässt Israel in Libanon auch nach dem Ablauf einer 60-Tage-Frist am Sonntag dort vorerst seine Truppen. Mindestens 22 Menschen seien in Südlibanon durch israelischen Beschuss getötet und 124 verletzt worden, teilte Libanons Gesundheitsministerium mit. Im Gazastreifen sollen nach palästinensischen Angaben fünf Menschen durch Schüsse israelischer Soldaten verletzt worden sein. Unterdessen sprach sich US-Präsident Donald Trump dafür aus, den verwüsteten Gazastreifen zu räumen und die dort lebenden etwa 1,5 Millionen Menschen in Jordanien und Ägypten unterzubringen. „Wir säubern das Gebiet einfach gründlich“, sagte er.
Die am Samstag aus Geiselhaft der Hamas freigelassenen Israelinnen, die Soldatinnen Liri Albag, 19, sowie die 20 Jahre alten Naama Levy, Karina Ariev und Daniella Gilboa trafen nach der Rückkehr ihre Eltern und wurden dann in eine Klinik in Tel Aviv gebracht. Sie sollen in relativ gutem Zustand sein. Die Fernsehbilder von ihrer Übergabe waren anders als bei der Freilassung der drei Geiseln am Sonntag eine Woche zuvor: Während da die drei Frauen inmitten einer chaotischen Menge übergeben wurden – umringt von Schaulustigen und schwarz-grün vermummten Hamas-Leuten – hatte sich die Hamas beim zweiten Mal anders vorbereitet.
Die Soldatinnen trugen Uniformen, die israelischen Uniformen ähneln. Vor der geplanten Übergabe an Helfer des Internationalen Roten Kreuzes wurden sie auf eine Bühne auf dem Palästinaplatz in Gaza-Stadt geführt, auf der ein Schreibtisch mit zwei kleinen palästinensischen Flaggen und ein kleines Bild des Felsendoms stand. Von dort winkten sie in die Menge. In israelischen Medien hieß es, die Soldatinnen seien dazu von der Hamas gezwungen worden. Hinter ihnen ein Banner mit Botschaften auf Arabisch und Englisch an die Welt. „Die palästinensischen Freiheitskämpfer werden immer die Sieger sein“, war eine. Rechts und links standen vermummte, bewaffnete Kämpfer der Hamas. Offenkundig will die

Hamas wie eine nach wie vor gut strukturierte, mächtige Organisation wirken, auch nach mehr als 15 Monaten Krieg.
Die Geisel-Übergabe ist Teil eines mehrstufigen Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und Hamas. Im Austausch sollen Hunderte palästinensische Häftlinge entlassen werden. Zudem sind Hilfslieferungen nach Gaza und eine Feuerpause Teil des Deals. Die Waffenruhe, auf die sich Israel und die Hamas vor zehn Tagen geeinigt haben, soll zunächst sechs Wochen dauern und trat am Sonntag vor einer Woche in Kraft.
Die vier Namen lösen auch Irritationen aus
Ausgemacht war auch, dass die Hamas die Namen der Geiseln, die sie freigibt, jeweils am Vortag bekannt gibt. Die Namen der vier Soldatinnen, die die Hamas am Freitag nannte, lösten in Israel nicht nur Freude aus, sondern auch Irritationen. Denn eigentlich hätten zuerst Zivilistinnen übergeben werden sollen. „Die Hamas hat sich nicht an die Absprache gehalten“, sagte ein Armeesprecher. Man sei „extrem besorgt“ über die zivilen weiblichen Geiseln, die sich noch im Gazastreifen aufhalten sollen. Angehörige der nun freigelassenen Liri Albag, sagten laut der israelischen Zeitung Haaretz, sie seien sehr froh darüber, dass Albag frei komme – aber mit Blick auf die Frauen, die zurückblieben, sei „ihr Herz gebrochen“. Unter Berufung auf Angehörige berichteten Medien in Israel, die Frauen seien im Gazastreifen in Häusern von Zivilisten und in Tunneln festgehalten worden. Sie hätten zeitweise nichts zu essen bekommen, einige hätten lange nicht duschen können. Einige Israelinnen seien gezwungen worden, für ihre Entführer zu kochen und deren Toiletten zu putzen.

Das Abkommen sieht vor, dass Israel für jede Soldatin 50 palästinensische Gefangene aus Gefängnissen entlässt, darunter 30 Personen, die eine lebenslange Haftstrafe verbüßen. Israel ließ jetzt 200 palästinensische Häftlinge frei. Einige werden gemäß Abkommen wegen ihrer schweren Straftaten ins Ausland gebracht.
Der Krieg in Gaza war am 7. Oktober 2023 durch einen Terroranschlag der Hamas auf Israel ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen ermordet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Seitdem wurden in Gaza nach palästinensischen Angaben mehr als 46 000 Menschen getötet, ein Großteil der Gebäude und der Infrastruktur sind zerstört.