Geheimdienst:BND-Gesetz - Ausspähen unter Freunden erlaubt

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Radarkuppeln der BND-Außenstelle bei Bad Aibling in Oberbayern (Foto: dpa)
  • Das neue BND-Gesetz bedeutet für den Nachrichtendienst nur geringfügige Änderungen der bisherigen Praxis.
  • EU-Staaten, deren Bürger sowie Institutionen dürfen weiter ausgeforscht werden.
  • Lediglich Wirtschaftsspionage wird fortan untersagt.

Von Benedikt Peters, Berlin, und Ronen Steinke, Berlin/München

Der Bundesnachrichtendienst soll künftig genauere gesetzliche Vorgaben dafür erhalten, wann er Ziele in EU-Staaten ausspionieren und wann er seine Erkenntnisse an ausländische Behörden weiterreichen darf.

Beide Praktiken waren zuletzt heftig kritisiert worden, nachdem bekannt geworden war, dass der BND an seinem Horchposten in Bad Aibling Suchbegriffe des US-Nachrichtendienstes NSA verwendet hatte, um europäische Verbündete für den amerikanischen Partnerdienst auszuspionieren.

In der Praxis zwingt der nun bekannt gewordene Regierungsentwurf für ein neues BND-Gesetz den Nachrichtendienst aber nur zu geringfügigen Änderungen. EU-Staaten, deren Bürger sowie Institutionen dürfen weiter ausgeforscht werden, der Katalog der sicherheitspolitischen Rechtfertigungen dafür ist im Gesetzentwurf lang. Lediglich Wirtschaftsspionage wird fortan untersagt.

BND-Chef, Kanzleramt und Richtergremium segnen Suchbegriffe ab

Voraussetzung soll nur sein, dass die Suchbegriffe dem BND-Präsidenten, dem Kanzleramt und einem Richtergremium vorgelegt werden. Darauf haben sich Innen-, Justiz- und Kanzleramtsminister bei einem Treffen im Kanzleramt nach Angaben aus Koalitionskreisen bereits am vergangenen Freitag geeinigt.

In einem früheren Gesetzentwurf war noch vorgesehen gewesen, die Möglichkeiten zur Spionage gegen EU-Ziele zurückzustutzen, wie es im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages auch die pensionierten Richter des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier und Wolfgang Hoffmann-Riem, gefordert hatten. Sie werteten die bisherige Praxis als verfassungswidrig.

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Von Benedikt Peters

Nach einer Intervention unter anderem von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im März ist die Regierung davon inzwischen aber wieder abgerückt. Auch die umstrittene Überwachung von Internetleitungen im Inland, wie etwa des Internet-Knotens DE-CIX in Frankfurt, den der BND seit 2009 anzapft, wird mit dem Regierungsentwurf nun für zulässig erklärt: Nach Paragraf 3a soll dafür künftig lediglich eine "Anordnung" des Kanzleramts nötig werden.

Politiker der Opposition, aber auch unabhängige Experten zeigten sich überrascht.

Der grüne Bundestags-Abgeordnete Christian Ströbele kritisierte, die Regierung ziehe aus der Kritik im Zuge der NSA-Affäre kaum Konsequenzen. "Ich bin gespannt, was die EU-Länder dazu sagen, dass sie nach wie vor ausgespäht werden können." Wolfgang Nešković, ehemaliger Linken-Abgeordneter und vormaliger Richter am Bundesgerichtshof, warnte, dass die Ausforschung von EU-Partnern keinen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht haben werde.

Dies sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Fernmeldegeheimnis.

Den Grund erklärte der Kölner Rechtsanwalt und Spezialist für Nachrichtendienstrecht Nikolaos Gazeas so: "Sofern EU-Partner relevante Erkenntnisse zum internationalen Terrorismus haben, ist nicht ersichtlich, warum diese auf heimlichem Wege erlangt werden müssen."

Kern der geplanten BND-Reform soll vor allem eine stärkere Kontrolle des Geheimdienstes durch die Politik sein; der Gesetzentwurf hierzu steht noch aus. Die Koalition will beide Teile der geplanten Reform getrennt beraten. Die Neuregelung zunächst der Überwachungsbefugnisse des BND könnte bereits im Herbst verabschiedet werden, wie es aus ihren Kreisen hieß.

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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