USA:Sonderermittler soll Aktenfunde in Bidens Privaträumen untersuchen

USA: Er sagt, er wisse nicht, warum in seinen früheren Büros Geheimakten geblieben sind: Präsident Joe Biden am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten vor dem Weißen Haus in Washington.

Er sagt, er wisse nicht, warum in seinen früheren Büros Geheimakten geblieben sind: Präsident Joe Biden am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten vor dem Weißen Haus in Washington.

(Foto: Andrew Harrer/Imago/Zuma Wire)

An inzwischen drei Orten sind brisante Unterlagen entdeckt worden. Der US-Präsident versucht, die Affäre zu entschärfen. Doch das gelingt ihm immer weniger. Nun reagiert der Justizminister.

Von Fabian Fellmann, Washington

Die Affäre um den Umgang von US-Präsident Joe Biden mit geheimen Regierungsdokumenten weitet sich aus. Justizminister Merrick Garland beauftragte am Donnerstag einen unabhängigen Sonderermittler, um den Fund diverser Geheimunterlagen aus Bidens Zeit als Vize-Präsident in dessen Privaträumen zu untersuchen. Die Untersuchungen soll der Jurist Robert Hur leiten. Biden selbst äußerte sich am Donnerstag nur ausweichend dazu, versprach aber, bald Antworten zu geben: "Ich werde bald darüber sprechen können, so Gott will", sagte Biden auf eine Reporterfrage.

Er räumte dabei indirekt ein, was sein Rechtsberater Richard Sauber kurz zuvor mitgeteilt hatte. Nicht nur in einem privaten Büro bei einem Thinktank in Washington sind geheime Unterlagen zum Vorschein gekommen, sondern auch an zwei weiteren Orten in Bidens Haus in Delaware: in der Bibliothek sowie in seiner Garage, wo auch Bidens dunkelgrüne 1967-er-Corvette steht, wie ein Reporter bemerkte. Der Präsident antwortete auf Fragen danach leicht verklausuliert, indem er bemerkte, seine Corvette stehe in einer verschlossenen Garage und nicht irgendwo draußen auf der Straße.

Nach dem ersten Dokumentenfund Anfang November hatten Bidens Juristen in Absprache mit dem Justizministerium auch das Heim des Präsidenten in Delaware sowie sein Strandhaus in Rehoboth Beach durchkämmt. Das sind jene Orte, an die Biden 2017 Unterlagen schicken ließ, als seine Amtszeit als Barack Obamas Vizepräsident endete. Am Mittwochabend hatten die Juristen die Suche nun abgeschlossen. Laut Rechtsberater Sauber kam in Bidens Heim in Delaware "eine kleine Anzahl" von geheimen Akten der Obama-Biden-Regierung zum Vorschein.

Das Strandhaus hingegen sei sauber gewesen. Die Juristen hätten sämtliche Funde umgehend gemeldet und dem Justizministerium ausgehändigt, mit dem das Weiße Haus vollumfänglich kooperiere.

Mit dem Verweis auf den Respekt vor den ordentlichen Verfahren versucht das Weiße Haus, die Kontroverse um den Dokumentenfund und Bidens Umgang damit zu entschärfen. Und es versucht, Distanz zu Donald Trump zu markieren. Dieser hatte nach dem Ende seiner Amtszeit mehrere Kisten mit teilweise hochgeheimen Akten in seinem Anwesen in Mar-a-Lago versteckt und die Herausgabe an das Nationalarchiv so lange verweigert, bis die Bundespolizei FBI dort eine Razzia durchführte. Vor dem Hintergrund dieses beispiellosen Vorgehens gegen einen ehemaligen Präsidenten sind die jüngsten Nachrichten über Biden politisch besonders brisant.

Warum wurde der erste Fund erst zwei Monate später bekannt?

Allerdings verweigerte das Weiße Haus bisher die Antwort auf eine ganze Reihe von Fragen mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen. Die Akten in Bidens Washingtoner Büro wurden bereits am 2. November gefunden. Publik wurde das jedoch erst nach mehr als zwei Monaten, also nach dem Zwischenwahltermin vom 8. November. Und auch das nur, weil Medien Wind davon bekamen. Als Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre am Mittwoch Fragen dazu mit beredtem Schweigen beantwortete, erinnerte sie ein CBS-Korrespondent an Bidens Versprechen. "Ich werde Fehler begehen", hatte der Präsident bei seinem Amtsantritt gelobt. "Wenn ich einen mache, werde ich ihn eingestehen."

Fragen muss sich auch das Justizministerium gefallen lassen. Die Biden-Dokumente waren dort bereits bekannt, als Justizminister Merrick Garland Mitte November im Fall Trump einen Sonderermittler einsetzte. Im Fall Biden hingegen hatte er bisher lediglich einen Bundesanwalt mit Abklärungen betraut. Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, wählte Garland immerhin einen Bundesanwalt aus, der noch von Donald Trump eingesetzt worden war.

Es liegt auf der Hand, dass die Republikaner auch im Fall Biden die Einsetzung eines Sonderermittlers forderten - eine Forderung, der Garland nun nachkam. Zudem werden sie ihre neue Mehrheit im Repräsentantenhaus nutzen, um zu untersuchen, ob das Justizministerium mit Biden pfleglicher umging als mit Trump - eine der alten Klagen des früheren Präsidenten.

Die schlechten Nachrichten kommen für Biden zur Unzeit

Für Biden kommen die schlechten Nachrichten zur Unzeit. Nach dem US-Abzug aus Afghanistan waren seine Umfragewerte in den Keller gefallen, und eben erst schien er eine Trendwende geschafft zu haben: Langsam steigt die Zustimmung zu seiner Amtsführung wieder, inzwischen liegt sie laut dem Statistikdienst Fivethirtyeight bei knapp über 44 Prozent, so hoch wie zuletzt vor fast eineinhalb Jahren.

Inwiefern die jüngste Kontroverse darauf durchschlagen wird, ist offen. Doch in der Regel zahlt es sich in der amerikanischen Politik eher aus, einen Fehler einzugestehen und um Vergebung zu bitten als zu schweigen. Das gilt besonders für Biden, der mit Kritik an seinem Vorgänger in der Dokumentenaffäre nicht zurückgehalten hatte. "Wie konnte das nur geschehen? Wie konnte sich jemand so unverantwortlich verhalten?", hatte Biden in einem Fernsehinterview kommentiert.

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